Die Hauptstadt Siziliens mit ihren knapp 700.000 Einwohnern ist unser nächstes Ziel. Wir sind gespannt wie Flitzebögen, denn Palermo eilt nicht nur wegen der arabisch-normannischen Architektur ein einzigartiger Ruf voraus, sondern auch wegen der besonderen Atmosphäre der Stadt und ihres kulinarischen Angebots. Selbst wenn das Parken in Cefalù nicht ganz günstig ist, lassen wir unser Auto in der Stadt und nehmen für unseren Ausflug lieber den Zug. Den Stress, uns in der Altstadt Palermos einen Parkplatz suchen zu müssen, wollen wir uns nicht antun. Umso größer die Überraschung, dass der Verkehr in Palermo komplett entspannt ist. Gut, es ist Sonntag, aber im Vergleich zu Neapel ist hier kaum ein Auto unterwegs.
Palermo – geschichtsträchtige Stadt voller Sehenswürdigkeiten
Wie so viele italienische Städte hat auch Palermo eine lange Geschichte: Das damalige Bollwerk Kathargos wurde um 254 v. Chr. von den Römern eingenommen. Die Germanen und Byzantiner folgten, dann die Sarazenen, die dem damaligen Balarm zur Blüte verhalfen. Die Normannen bauten im 11. Jahrhundert, was das Zeug hielt. Heute ist die grandiose Architektur der Stadt wie der Normannenpalast Unesco-Weltkulturerbe. Über die Jahrhunderte folgten noch die Staufer, das Haus Anjou, die Aragonesen und Bourbonen, unter denen der Stern von Palermo sank. Schließlich marschierte 1860 Garibaldi mit seinen Rothemden in der sizilianischen Hauptstadt ein.
Die vielen Herrscher haben Spuren hinterlassen und so war und ist Palermo ein Schmelztiegel der Kulturen. Tolerant und in vielen Dingen ganz anders als der Rest Italiens. Und in vielen Dingen offener: Wenn du aufmerksam durch die Stadt läufst, stößt du immer wieder auf Street-Art, die sich mit sozialen und politischen Themen kreativ auseinandersetzt.
Was du an einem Tag in Palermo machen kannst
Wenn du schnell viel sehen willst, kannst du an eine der vielen Sightseeing-Touren mit dem Bus oder der Pferdekutsche buchen. Sie führen an den größten Highlights vorbei. Spannend ist sicherlich auch die Tagestour der Anti-Mafia-Organisation Addiopizzo, die an die Orte der Mafiageschichte und dem Widerstand führt. Apropos Mafia: Wegen der auf Sizilien Cosa Nostra genannten Verbrecherorganisation eilte Palermo viele Jahre ein unrühmlicher Ruf voraus. Doch gerade in der sizilianischen Hauptstadt hat sich unter Bürgermeister Leoluca Orlando einiges getan. Die Mafia ist zwar nicht tot, mit Initiativen wie Addiopizzo wächst jedoch der Widerstand gegen sie. Dank Filmen und Serien wie „Der Pate“ und „Allein gegen die Mafia“ ist die „ehrenwerte Gesellschaft“ längst auch Teil der Folklore geworden, mit der die Sizilianer kokettieren. Überall gibt es „Der Pate“-T-Shirts zu kaufen und im berühmt-berüchtigten Mafianest Corleone widmet sich sogar ein Museum der Cosa Nostra.
Die Altstadt Palermos auf eigene Faust erkunden
Wir wollen die Altstadt allerdings auf eigene Faust erkunden und haben uns einen Streifzug durch die vier historischen Stadtteile La Kalsa, Albergheria, Il Capo und La Loggia vorgenommen. Sie sind fein-säuberlich durch die Quattro Canti voneinander abgegrenzt. An den vier Ecken kreuzen sich die Via Maqueda und der vom Hafen bis zur Porta Nuova führende Corso Vittorio Emanuele.
Palermo verfügt über ein gutes Busnetz, das auf den ersten Blick wegen der vielen Einbahnstraßen verwirrend wirkt, aber die Füße ein wenig entlasten kann. Für weniger als vier Euro bekommst du schon eine Tageskarte.
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von der Via Maqueda bis zu den Quattro Canti
Entlang der Via Maqueda vom Bahnhof bis zu den Quattro Canti liegen gleich eine ganze Reihe prächtiger Sehenswürdigkeiten. An der Piazza Bellini findest du gegenüber der Chiesa di Santa Caterina zwei Kirchen, die es auf jeden Fall zu besuchen lohnt: die Admiralskirche Chiesa della Matorana, bei der die Architekturstile von Byzanz bis zum Barock miteinander verschmelzen. Außerdem die arabisch-normannische Chiesa San Cataldo, die zum Weltkulturerbe gehört und im Inneren durch eindrucksvollen Minimalismus auffällt.
Neben den Kirchen liegt das Rathaus und der prunkvoll-protzige Brunnen Fontana Pretoria aus dem 16. Jahrhundert mit einem ganzen Kabinett an Nymphen und Wassergöttern aus Marmor. Die strenggläubigeren Palermitaner nannten den Brunnen wegen seiner freizügigen Statuen auch Fontana della Vergogna (Brunnen der Schande).
Kulinarischer Tipp
In Palermo kannst du in zahlreichen Restaurants und Osterien hervorragend essen. Mehrere sternegekrönte Küchen mit innovativen Gerichten, aber auch einfache Lokale mit traditionellem Essen decken jegliche kulinarische Wünsche ab. Doch vor allem das hervorragende Street-Food von Palermo solltest du dir nicht entgehen lassen, denn kaum eine Metropole Europas ist so bekannt dafür wie Palermo. Die besten Ort für Street-Food sind die historischen Märkte, wo fliegende Händer oder kleine Stände allerlei Köstlichkeiten anbieten. Die kleinen Mahlzeiten haben ihren Ursprung teils in Jahrhunderte alten Traditionen und ihre Wurzeln liegen oft in der Armenküche. Einige Leckereien, die du probieren solltest: Pane e Panelle (ein Rezept, das mit der arabischen Herrschaft Siziliens kam), Pani ‚ca meusa (Milzbrötchen), Sfincione (Sizilianische Pizza-Variante) oder Quarume (ein Innereien-Gericht). Als Nachtisch passt dann noch gut ein Iris (frittierte Teigbällchen mit Ricottacreme) oder ein Cannolo siciliano.
Die arabisch-normannische Kathedrale von Palermo
Die bekanntesten Sehenswürdigkeiten Palermos liegen landeinwärts am Corso Vittorio Emanuele: die Kathedrale von Palermo, Maria Santissima Assunta. Sie gehört zum Unesco-Welterbe arabisch-normannischer Baukunst und zeigt deutliche orientalische Einflüsse. Über die Jahrhunderte wurde sie um gotische und klassizistische Elemente erweitert. Das Innere des monumentalen Baus fällt deutlich ab gegenüber der verspielten Fassade. Ein paar hundert Meter weiter südlich greift der berühmte Normannenpalast die orientalische Architektur wieder auf, hat in der Cappella Palatina mit strahlend goldenen Mosaiken aber einiges mehr zu bieten.
Das Capo-Viertel und die Vucciria
Nach den Pflicht-Highlights lassen wir uns ein wenig treiben und tauchen in das Gassengewirr des Capo-Viertels ab. Auf dem Capo-Markt, einem der vielen Straßenmärkte Palermos, stärken wir uns mit wahnsinnig leckeren Auberginen-Bällchen und in Teig ausgebackenen Gemüse, bevor wir am klotzigen Teatro Massimo unsere Füße ausruhen. Für einen Bummel über die Shopping-Meile Via Ruggero Settimo fehlt uns die Zeit, stattdessen gehen wir einen Bogen durch La Loggia zur Piazza San Domenico. Hier ist der Eingang zur Vucciria, dem Bauch Palermos, wo du unter der Woche bis tief in die Nacht eine fantastische Auswahl an Street Food genießen kannst. Am Sonntag wirken die sonst lebhaften Gassen wie ausgestorben, dafür gibt es freie Blicke auf tolle Graffiti und Street-Art!
Kulinarischer Tipp
Die Antica Foccaceria San Francesco ist weit über die Grenzen Palermos hinaus bekannt. Und entsprechend gut besucht. Das Milzbrötchen Pani ca‘ meusa gehört in dem Imbiss, der seit 1834 besteht, zu den absoluten Klassikern. Du bekommst auch anderes leckeres Street Food wie Arancini und Moffolette. Mittlerweile gibt es auch Filialen in Rom und Mailand. Aber am besten schmeckt es natürlich in Palermo.
Antica Foccaceria San Francesco, Via Alessandro Paternostro 58, Palermo
La Kalsa – Heimat von Giovanni Falcone
Von der Vucciria aus musst du nur einmal den Corso Vittorio Emanuele überqueren und schon bist du in La Kalsa. In diesem Stadtteil wurde einer der berühmtesten Palermitaner geboren: Staatsanwalt Giovanni Falcone, der unermüdliche Mafia-Jäger, den die Cosa Nostra 1992 ermordete. Eine Gedenktafel an der Piazza Magione erinnert an ihn. Rund um die Piazza und in den Seitenstraßen findest du jede Menge Street-Art. Auch die kleine Basilica La Magione ist einen Besuch wert. Wenn du Glück hast, bekommst du für 2 Euro Eintritt eine Führung durch die Kirche. Sie ist übrigens das letzte Gebäude, das die Normannen in Palermo gebaut haben.
Ballarò – der Bauch von Palermo
Von der Basilica ist es nur noch ein Katzensprung nach Albergheria, dem ältesten Viertel Palermos. Es ist von starken Gegensätzen geprägt. Hinter der Chiesa del Gesù beginnt der Ballarò, Palermos buntester und angesagtester Markt, ein Schmelztiegel mit authentischem Charme. Dahinter, entlang der Via Andrea Vesalio in Richtung der Chiesa San Francesco Saverio, solltest du vorsichtig sein. Hier zeigt sich Palermo nicht mehr von der besten Seite. Armut, halb verfallene Häuser und Müllberge prägen das Bild. Hier solltest du ein wenig auf der Hut sein, auch wenn, wie Anfang 2019 bekannt wurde, Palermo die Stadt Italiens mit der niedrigsten Kriminalitätsrate ist.
Auch wir stecken die Kamera lieber weg und machen uns schnellen Schrittes wieder in Richtung Hauptstraße auf, nicht ohne die eindrucksvollen Street-Art Bilder zu bewundern, die die Albergheria an jeder Ecke verschönern. Ziemlich müde steigen wir am Bahnhof zurück in den Zug nach Cefalù mit einem großartigen Eindruck: Palermo ist eine aufregend schöne Stadt, in der es sehr viel zu entdecken gibt! Ein einzelner Tag in der Hafenstadt am Tyrrhenischen Meer reicht bei weitem nicht aus – allein schon, weil auch das Nachtleben vielversprechend ist. Wir werden wiederkommen, dann aber für mehrere Tage am Stück! Für den nächsten Tag haben wir den nächsten Ausflug geplant, der uns in das atemberaubende Hinterland der Nordküste führt: in die schönsten Dörfer der Madonie.
Bereits erschienene Teile des Sizilien-Reiseberichts:
- 1: Taormina und das Bergdorf Castelmola
- 2: Rund um den Ätna: Bronte, Randazzo und Castiglione
- 3: Cefalù – malerisches Städtchen an der Nordküste
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