
Dicke graue Wolken hängen tief am Himmel als wir am frühen Morgen aufbrechen, um unser nächstes Ziel der Toskana-Rundreise anzusteuern. Wir wollen nach Volterra und San Gimignano, deren Sehenswürdigkeiten zahlreiche Besucher anziehen. Vor allem in der Hauptsaison werden beide Städte von Tagestouristen überschwemmt. Im Frühjahr hält sich der Andrang glücklicherweise noch in Grenzen. Frühes Aufstehen ist bei einem Tagesausflug dennoch angesagt, denn du solltest viel Zeit einplanen, um die Sehenswürdigkeiten in Ruhe zu erkunden. Am besten empfiehlt es sich, über Nacht zu bleiben.
Es ist beeindruckend, wie sehr sich die Landschaft der Toskana mit dem Wetter wandelt. Unterstreichen der blaue Himmel und Sonnenschein normalerweise ihre Weitläufigkeit, wirken die grünen Hügel im Dunst der tiefen Wolken fast mystisch. Ab und an kämpft sich durch die Wolken ein einsamer Sonnenstrahl und lenkt die Aufmerksamkeit wie ein Bühnenscheinwerfer auf einzelne Punkte in der Landschaft des Val d‘Elsa. Obwohl wir nichts gegen Sonnenschein haben, ist das trübe Wetter wie gemacht für Volterra.
Von Blutsaugern und Teeniefilmen
Denn Volterra ist die Stadt der Vampire – zumindest seit ein paar Jahren, als der „Twilight“-Hype über die Stadt rollte. US-Autorin Stephenie Meyer hatte in ihrer Romanreihe Volterra als Heimatstadt für ihren Vampirclan, die Volturi, auserkoren. Seitdem kommen Tausende Teenager und Filmfans pro Jahr, um sich das steingemauerte Toskana-Städtchen anzuschauen. Und machen doch lange Gesichter, weil keine der Sehenswürdigkeiten sie an die Filme erinnert. Kein Wunder: Die Dreharbeiten zu den Vampir-Schnulzen fanden zwar in der Toskana statt. Allerdings nicht in Volterra, sondern hauptsächlich im etwa 100 Kilometer entfernten Montepulciano.
Glücklicherweise ist Volterra trotz des großen Twilight-Hypes vor einigen Jahren nicht zu einem Disneyland für Vampirfans mutiert. Ein kleines Scheibchen vom Filmruhm hat sich Volterra dennoch abgeschnitten. Zumindest in den Souvenirläden gibt es jede Menge Erinnerungen an die beiden Filmfiguren Bella und Edward zu kaufen.
Parken in Volterra
Schon von weitem hebt sich Volterra vor den dunklen Wolken ab. Auf einem steilen Hügel ragt die mittelalterliche Stadt innerhalb der kargen Landschaft hervor. Volterra gehört zur Provinz Pisa und blickt auf eine lange Geschichte zurück. Als Velathri war es eine große Metropole der Etrusker, die von der strategisch guten Lage auf der Hügelkuppe das Val d’Elsa sowie das Cecina- und Era-Tal im Blick hatten. Von Siena führt die SR68 den steilen Hügel hinauf. Einmal oben, ist Parken nicht schwer. Rund um die Stadt gibt es zahlreiche Parkplätze. Kostenlos kannst du das Auto am Parkplatz Docciola abstellen. Eine Treppe führt hinauf zu den Sehenswürdigkeiten der Altstadt. Einziges Manko dort: Du betrittst Volterra nicht durch die massive Porta dell’Arco, die noch ein Teil der etruskischen Stadtmauer aus dem 4. Jahrhundert vor Christus ist, sondern durch den mittelalterlichen Hintereingang.
Die vielen Sehenswürdigkeiten der mittelalterlichen Altstadt von Volterra
Oben im Centro Storico angekommen stehst du an der Piazzetta San Michele, von der aus du die Sehenswürdigkeiten Volterras entdecken kannst. Richtung Süden führt die Via Giacomo Matteotti über breite Pflastersteine und dicht gedrängte Palazzi zur Porta all’Arco. Über Volterra hält sich die Meinung, die Stadt sei mittelalterlich-düster und am ehesten trifft dies vielleicht in dieser Straße zu. Doch ansonsten ist es, was es ist: ein Vorurteil. Dunkler als Siena ist Volterra auch nicht. Ganz im Gegenteil: viele der Altstadt-Gassen sind erstaunlich großzügig angelegt.
In der Via Matteotti kannst du prima shoppen. Wir nehmen uns direkt ein paar Brettchen und Schalen aus wunderschönem Olivenholz für die Küche mit. Viel typischer für Volterra sind allerdings Schmuck, Vasen und Deko aus Alabaster, für das die Stadt in ganz Italien bekannt ist. Seit über 2000 Jahren verarbeiten Kunsthandwerker in Volterra den hellen, weichen Stein und zaubern daraus filigrane Skulpturen und feine Dekorationen.
Das Alabaster-Ecomuseum (Via dei Sarti 1) zeigt eine schöne Sammlung, die von der Zeit der Etrusker bis in die Gegenwart reicht. Der marmorähnliche Stein wurde lange vor den Stadttoren abgebaut und die Volterrani haben das Kunsthandwerk bis heute bewahrt. Ein schönes Mitbringsel aus Alabaster ist auf jeden Fall ein gutes Souvenir aus Volterra. Aber wie überall in Italien und auf der ganzen Welt gibt es auch schwarze Schafe, die billige Kunststoff-Imitate verkaufen.
Die Piazza dei Priori – das mittelalterliche Herz Volterras
Von der Via Matteotti zieht es uns zur Piazza dei Priori im Herzen der Stadt, die rundum von hohen mittelalterlichen Palazzi gesäumt ist. Da wir so früh unterwegs sind und das Wetter trüb bleiben möchte, sind auf dem Platz mit den schönsten Sehenswürdigkeiten von Volterra nur wenige Touristen unterwegs. Bei Sonnenschein kannst du auf der Piazza gemütlich einen Kaffee schlürfen und dabei auf den Bischofspalast, den Palazzo Pretorio und Palazzo dei Priori blicken. Letzterer stammt aus dem Jahr 1208 und ist das älteste erhaltene Rathaus der Toskana.
Der Palazzo wirkt mit seinem hohen Turm und den wenigen Fenstern wie ein uneinnehmbarer Klotz. Die Fassade ist mit Terrakotta-Tafeln verziert, auf denen die Wappen der reichsten Familien der Stadt abgebildet sind. Den Palast, der im Inneren mit wunderschönen Fresken verziert ist, kannst du mit der Volterra Card besichtigen.
Direkt neben dem Palazzo führt ein Hintereingang in die Cattedrale di Santa Maria Assunta. Der Haupteingang befindet sich wenige Meter um die Ecke an der Piazza San Giovanni. Der Dom ist vor wenigen Jahren aufwendig restauriert worden und war deshalb für Besucher nicht zugänglich. Das hat sich geändert und du kannst die Kathedrale von Volterra wieder besichtigen. Einen Blick solltest du auch in das ebenfalls zebragestreifte Baptisterium gegenüber dem Dom werfen. Es ist wegen der beiden alten Taufbecken sehenswert.
Sightseeing-Tipp: Volterra Card – gültig für die meisten Sehenswürdigkeiten
Die meisten Menschen kommen nur als Tagestouristen nach Volterra, aber wer über Nacht bleibt, kann ein authentisches Toskana-Städtchen erleben. Bei einem längeren Aufenthalt solltest du dir auf jeden Fall die Volterra Card zulegen. Sie enthält zu einem Festpreis den Eintritt zu allen wichtigen Sehenswürdigkeiten der Stadt und ist insgesamt 72 Stunden gültig. Bislang konnte man sie noch nicht online kaufen, doch du erhältst sie direkt vor Ort bei den teilnehmenden Sehenswürdigkeiten oder im Tourismusbüro. Mit der Volterra Card kannst du unter anderem das Etruskermuseum Guarnacci, die Städtische Kunstgalerie, das Alabaster-Museum, den Palazzo dei Priori und das römische Amphitheater besuchen.
Auf den Spuren der Römer: Antike Sehenswürdigkeiten in Volterra
Zwischenzeitlich hat auch das Wetter ein Einsehen und es zeigen sich erste Risse in der Wolkendecke. Wir schlendern gemütlich durch Seitenstraßen in Richtung der Porta Fiorentina im Norden der Stadt. Dort befindet sich das Teatro di Vallebona – die Ruinen eines römischen Theaters aus der Zeit von Kaiser Augustus. Im Mittelalter wurden auf dem Areal teilweise die Stadtmauern errichtet, weshalb man in den 1950er-Jahren die römischen Ruinen nicht komplett freilegen konnte. Einen tollen Blick auf die Reste des Amphitheaters hast du von der kleinen Straße, die entlang der Stadtmauer verläuft.
Kulinarischer Tipp: La Vena di Vino
La Vena di Vino ist eine gemütliche und sehr atmosphärische Weinbar mit vielen Weinen aus der Region und einfallsreichem Dekor von der Autokarosserie über Weinfässer bis zu Büstenhaltern. Zum Wein kannst du eine breite Auswahl an Speisen essen – von der Wurst-/Käse-Tagliere bis zu sehr leckeren Innereien-Gerichten. Es gibt auch Menüs! Das alles für den kleinen Geldbeutel.
La Vena di Vino, Via Don Giovanni Minzoni 30, Volterra
Die schönsten Aussichtsbalkone von Volterra
Wenn du deine Sehenswürdigkeiten-Tour hinter dir hast und die Blicke in die Ferne auf die Hügel der Toskana schweifen lassen möchtest, bietet dir Volterra gleich mehrere grandiose Aussichtspunkte. Die Piazzetta dei Fornelli besticht mit einem Götterblick über das hügelige Val di Cecina. An dem kleinen Platz beginnt auch die Via Lungo di Mura, über die du in Richtung Süden auf der alten Stadtmauer zur Porta dell’Arco laufen kannst. Von dort ist es nicht mehr weit zum schönsten Aussichtspunkt der Stadt an der Piazza Martiri della Libertà. An der Piazza hast du einen fantastischen Blick auf die Altstadt von Volterra samt Kathedrale und Palazzo dei Priori. Nicht ganz so spektakulär, aber trotzdem sehenswert ist der Belvedere an der Piazza XX Settembre, die auf dem Weg zur Fortezza Medicea liegt.
Abseits des Trubels – die Sehenswürdigkeiten in der östlichen Altstadt von Volterra
Über die Pinakothek geht es weiter in den östlichen Teil Volterras. Die Via Antonio Gramsci führt an vielen kleinen Geschäften vorbei zu einer der kuriosesten Sehenswürdigkeiten Volterras: dem Museo della Tortura, das nichts für schwache Gemüter und Kinder ist. Es ist ein Kabinett der Grausamkeiten mit zahllosen Folterinstrumenten. Wenige Meter weiter geht es im Etrusker-Museum deutlich humaner zu.
Wir gehen allerdings noch ein Stück weiter bis zur Porta A Selci, wo die mächtige Fortezza Medicea steht. Die Festung wurde 1474 auf den Resten einer noch älteren Burg von den Florentinern errichtet, die Volterra zwei Jahre zuvor erobert hatten. Leider lässt sich Festung aus dem 15. Jahrhundert nicht besichtigen, denn sie dient heute als Hochsicherheitsgefängnis. Einzig der Torre del Maschio lässt sich besichtigen, von dem du einen wunderbaren Ausblick auf das Umland von Volterra genießt.
Unterhalb der Festungsmauern führt eine kleine Straße abseits des Trubels zu einer Oase der Ruhe mitten in Volterra. Dort liegt der Enrico Fiumi-Park, der nicht nur eine kleine etruskische Ausgrabung beherbergt, sondern vor allem ein toller Ort für einen Picknick im Grünen mitten in der Stadt ist. Wie bestellt, zeigt sich die Sonne kurzzeitig in ihrer ganzen Pracht und nach einer kleinen Pause brechen wir zu unserem nächsten Ziel auf – nach San Gimignano, einer der bekanntesten Städte der Toskana und nur eine halbe Stunde mit dem Auto von Volterra entfernt. Was es dort an Sehenswürdigkeiten und kulinarischen Highlights gibt, liest du im nächsten Teil des Toskana-Reiseberichts.
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