Dicke graue Wolken hängen tief am Himmel als wir am frühen Morgen aufbrechen, um unser nächstes Ziel der Toskana-Rundreise anzusteuern. Wir wollen nach Volterra und San Gimignano. Beide Städte werden wegen ihrer vielen Sehenswürdigkeiten vor allem in der Hauptsaison von Tagestouristen überschwemmt. Im Frühjahr hält sich der Andrang glücklicherweise noch in Grenzen. Zeitiges Aufstehen ist bei einem Tagesausflug dennoch angesagt, denn du solltest viel Zeit einplanen, um die Sehenswürdigkeiten in Ruhe zu erkunden. Am besten empfiehlt es sich, über Nacht zu bleiben.
Es ist beeindruckend, wie sehr sich die Landschaft der Toskana mit dem Wetter wandelt. Unterstreichen der blaue Himmel und Sonnenschein normalerweise ihre Weitläufigkeit, wirken die grünen Hügel im Dunst der tiefen Wolken fast mystisch. Ab und an kämpft sich durch die Wolken ein einsamer Sonnenstrahl und lenkt die Aufmerksamkeit wie ein Bühnenscheinwerfer auf einzelne Punkte in der Landschaft des Val d‘Elsa. Obwohl wir nichts gegen Sonnenschein haben, ist das trübe Wetter wie gemacht für Volterra.
Von Blutsaugern und Teeniefilmen
Denn Volterra ist die Stadt der Vampire – zumindest seit ein paar Jahren, als der „Twilight“-Hype über die Stadt rollte. US-Autorin Stephenie Meyer hatte in ihrer Romanreihe Volterra als Heimatstadt für ihren Vampirclan, die Volturi, auserkoren. Seitdem kommen Tausende Teenager und Filmfans pro Jahr, um sich das steingemauerte Toskana-Städtchen anzuschauen. Und machen doch lange Gesichter, weil keine der Sehenswürdigkeiten sie an die Filme erinnert. Kein Wunder: Die Dreharbeiten zu den Vampir-Schnulzen fanden zwar in der Toskana statt. Allerdings nicht in Volterra, sondern hauptsächlich im etwa 100 Kilometer entfernten Montepulciano.
Parken in Volterra
Schon von weitem hebt sich Volterra vor den dunklen Wolken ab. Auf einem steilen Hügel ragt die mittelalterliche Stadt innerhalb der kargen Landschaft hervor. Volterra gehört zur Provinz Pisa und blickt auf eine lange Geschichte zurück. Als Velathri war es eine große Metropole der Etrusker, die von der strategisch guten Lage auf der Hügelkuppe das Val d’Elsa sowie das Cecina- und Era-Tal im Blick hatten. Von Siena führt die SR68 den steilen Hügel hinauf. Einmal oben, ist Parken nicht schwer. Rund um die Stadt gibt es zahlreiche Parkplätze. Kostenlos kannst du das Auto am Parkplatz Docciola abstellen. Einziges Manko dort: Du betrittst Volterra nicht durch die massive Porta dell’Arco, die noch ein Teil der etruskischen Stadtmauer aus dem 4. Jahrhundert vor Christus ist, sondern durch den mittelalterlichen Hintereingang.
Die vielen Sehenswürdigkeiten der mittelalterlichen Alstadt
Über Treppen erreichst du von dort die Piazetta San Michele in der Altstadt, von der aus du die Sehenswürdigkeiten Volterras entdecken kannst. Richtung Süden führt die Via Giacomo Matteotti über breite Pflastersteine und dicht gedrängte Palazzi zur Porta all’Arco. Über Volterra hält sich die Meinung, die Stadt sei mittelalterlich-düster und am ehesten trifft dies vielleicht in dieser Straße zu. Doch ansonsten ist es, was es ist: ein Vorurteil. Dunkler als Siena ist Volterra auch nicht. Ganz im Gegenteil: viele der Altstadt-Gassen sind erstaunlich großzügig angelegt.
In der Via Matteotti kannst du prima shoppen. Wir nehmen uns direkt ein paar Brettchen und Schalen aus wunderschönem Olivenholz für die Küche mit. Viel typischer für Volterra sind allerdings Schmuck, Vasen und Deko aus Alabaster. Schon die Etrusker verarbeiteten den weichen, marmorähnlichen Stein in Volterra, der vor den Stadttoren abgebaut wird. Das Kunsthandwerk wird noch hochgehalten und du kannst hier ein schönes Mitbringsel aus Alabaster finden. Aber wie überall in Italien und auf der ganzen Welt gibt es auch schwarze Schafe, die billige Kunststoff-Imitate verkaufen.
Die Piazza dei Priori – das mittelalterliche Herz Volterras
Von der Via Matteotti zieht es uns zur Piazza dei Priori im Herzen der Stadt, die rundum von hohen mittelalterlichen Palazzi gesäumt ist. Da wir so früh unterwegs sind und das Wetter trüb bleiben möchte, sind auf dem Platz nur wenige Touristen unterwegs. Bei Sonnenschein kannst du auf der Piazza gemütlich einen Kaffee schlürfen und dabei auf den Palazzo dei Priori blicken. Das Gebäude aus dem Jahr 1208 ist das älteste erhaltene Rathaus der Toskana. Er wirkt mit seinem hohen Turm und den wenigen Fenstern wie ein uneinnehmbarer Klotz.
Direkt neben dem Palazzo führt ein Hintereingang in die Cattedrale di Santa Maria Assunta, der Haupteingang befindet sich wenige Meter um die Ecke an der Piazza San Giovanni. Allerdings stehen wir vor verschlossenen Türen, da der Dom restauriert wird. Mittlerweile sollte er aber hoffentlich wieder zugänglich sein. Wir werfen stattdessen einen Blick in das ebenfalls zebragestreifte Baptisterium gegenüber dem Dom. Es ist wegen der beiden Taufbecken einen Besuch wert.
Auf den Spuren der Römer in Volterra
Zwischenzeitlich hat auch das Wetter ein Einsehen und es zeigen sich erste Risse in der Wolkendecke. Wir schlendern gemütlich durch Seitenstraßen in Richtung der Porta Fiorentina im Norden der Stadt. Dort befindet sich das Teatro di Vallebona – die Ruinen eines römischen Theaters aus der Zeit von Kaiser Augustus. Einen tollen Blick auf die Reste des Amphitheaters hast du von der kleinen Straße, die entlang der Stadtmauer verläuft.
Kulinarischer Tipp
La Vena di Vino ist eine tolle und sehr atmosphärische Weinbar mit vielen Weinen aus der Region und einfallsreichem Dekor von der Autokarosserie über Weinfässer bis zu Büstenhaltern. Zum Wein kannst du eine tolle Auswahl an Speisen essen – von der Wurst-/Käse-Tagliere bis zu sehr leckeren Innereien-Gerichten. Es gibt auch Menüs! Das alles für den kleinen Geldbeutel.
La Vena di Vino, Via Don Giovanni Minzoni 30, Volterra
Abseits des Trubels – die östliche Altstadt
Über die Pinakothek geht es weiter in den östlichen Teil Volterras. Die Via Antonio Gramsci führt an vielen kleinen Geschäften vorbei zu einer der kuriosesten Sehenswürdigkeiten Volterras: dem Museo della Tortura, das nichts für schwache Gemüter und Kinder ist. Es ist ein Kabinett der Grausamkeiten mit zahllosen Folterinstrumenten. Wenige Meter weiter geht es im Etrusker-Museum deutlich humaner zu. Wir gehen allerdings noch ein Stück weiter bis zur Porta A Selci, wo die mächtige Fortezza Medicea steht. Die Festung aus dem 15. Jahrhundert lässt sich leider nicht besichtigen und dient heute als Hochsicherheitsgefängnis.
Unterhalb der Festungsmauern führt eine kleine Straße abseits des Trubels zu einer Oase der Ruhe mitten in Volterra: dem Enrico Fiumi-Park, der nicht nur eine kleine etruskische Ausgrabung beherbergt, sondern vor allem ein toller Ort für einen Picknick im Grünen mitten in der Stadt ist. Wie bestellt, zeigt sich die Sonne kurzzeitig in ihrer ganzen Pracht und nach einer kleinen Pause brechen wir zu unserem nächsten Ziel auf – nach San Gimignano, einer der bekanntesten Städte der Toskana und nur eine halbe Stunde mit dem Auto von Volterra entfernt. Was es dort an Sehenswürdigkeiten und kulinarischen Highlights gibt, liest du im nächsten Teil des Toskana-Reiseberichts.
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