Von Cefalù an der Nordküste führt unsere Rundreise durch Sizilien weiter in das 734 v. Chr. gegründete Syrakus im Südosten der Insel. Auf Ortygia, dem historischen Zentrum der Stadt, haben wir ein kleines Apartment gemietet. Es ist in den nächsten Tag unsere Basis für Ausflüge zu den umliegenden Barockstädten im Val di Noto. Entlang der Küste des Ionischen Meeres locken südwärts einige beschauliche Badeorte und schöne Strände. Aber auch Syrakus geizt nicht mit Sehenswürdigkeiten und kulinarisch gibt es einiges zu entdecken.
An der wunderschönen Landschaft im Hinterland Siziliens haben wir uns noch lange nicht sattgesehen und da wir es nicht eilig haben, verlassen wir Cefalù westwärts. Statt der Autobahn wollen wir die Panoramastraße SS120 nehmen, die hinter Buonfornello nach Süden führt. Es lohnt sich! An abwechslungsreichen Hügellandschaften, Wiesen mit knorrigen Olivenbäumen und kleinen Wäldchen vorbei rücken schon bald die Berge der Madonie in den Blick. Ein paar Kilometer hinter Caltavulturo müssen wir kurzzeitig auf die Autobahn wechseln, dann führt die SS121 weiter nach Enna, dem „Nabel Siziliens“. Von der höchsten Provinzhauptstadt mit ihren rund 28.000 Einwohnern hast du einen Rundumblick in alle Ecken Siziliens.
Etwa 25 Kilometer östlich von Enna kommen Shopping-Fans auf ihre Kosten! Im Sicilia Outlet Village kannst du in 140 Geschäften Designer-Mode von bekannten Luxusmarken wie Armani, Dolce & Gabbana, Boss oder Prada zu kleinen Preisen kaufen. Das Outlet-Center wird von mehreren Städten Siziliens aus mit dem Bus angefahren.
Mit dem Auto nach Syrakus
Als wir uns Syrakus im Südosten der Insel nähern, müssen wir erstmal kräftig schlucken. Bei Augusta reiht sich eine rauchende Raffinerie an die andere. Es ist Italiens drittgrößter Petrochemiekomplex, unter dem die Natur massiv leidet. In dieser Ecke Siziliens solltest du auf keinen Fall baden gehen! Bei Syrakus hat der Albtraum schließlich ein Ende. Der Verkehr ist für eine süditalienische Großstadt tiefenentspannt, nur an der Einfahrt auf die Insel Ortygia müssen wir ein wenig aufpassen. Nahezu das gesamte Centro Storico ist eine verkehrsberuhigte ZTL. Einmal falsch abgebogen, kann es schnell teuer werden. Bis zum Parkhaus im Norden gibt es allerdings freie Fahrt.
Syrakus – Sehenswürdigkeiten in einer der einst mächtigsten Städte Europas
Die nächsten zwei Tage wollen wir die vielen Sehenswürdigkeiten von Syrakus besuchen. Die Geschichte der Stadt reicht bis ins 8. Jahrhundert vor Christus zurück. Damals besiedelten Griechen das kleine Inselchen Ortygia und verbanden es mit dem Festland. Syrakus stieg in den folgenden Jahrhunderten zu einer der mächtigsten Metropolen Europas auf. Seine größte Blüte erlebte es unter Dionysios, der den großen Philosophen Platon an seinen Hof berief. Im zweiten Punischen Krieg eroberten die Römer die Stadt und degradierten sie zu Provinzhauptstadt. Mit ihren 120.000 Einwohnern ist Syrakus deutlich geschrumpft. In der Antike soll die Bevölkerung bei über 500.000 gelegen haben.
Kulinarischer Tipp
Das Enoteca Evoé gehört zwar zu den Locations in Syrakus, die überwiegend von internationalen Gästen frequentiert werden, ist aber alles andere als eine Touristenfalle. Die kleine Weinbar mit nur wenigen Tischen serviert nicht nur sehr gute sizilianische Weine, sondern eine köstliche Tagliere mit Wurst- und Käsespezialitäten. Die Preise sind moderat, du kannst drinnen und draußen sitzen. Der Besitzer Maria Torina ist sehr sympathisch und nimmt sich gerne Zeit für einen Plausch mit den Gästen.
Evoé, Via della Maestranza 26, Syrakus
Das griechische Amphitheater im Parco Archeologico
Syrakus‘ reiche Geschichte spiegelt sich heute noch überall in der Stadt. Am Eingang von Ortigia stehen die Überreste des Apollontempel, dem ältesten bekannten griechischen Tempel auf Sizilien. Im Parco Archeologico in der Neapolis kommen Hobby-Archäologen auf ihre Kosten. Er liegt etwa zwei Kilometer vom Tempio di Apollo entfernt auf dem Festland. Eine Buslinie verbindet die Altstadt mit dem archäologischen Park… wenn sie nicht außer Betrieb wäre. Macht nichts, denn so können wir auf dem Weg zum Park das modernere und städtischere Achradina entlang des Corso Umberto erkunden.
Da wir morgens früh unterwegs sind, hält sich der Andrang im Parco Archeologico noch in Grenzen. Ein guter Sonnenschutz ist an diesem sonnigen September-Tag trotzdem wichtig, denn ein großer Teil der antiken Stätten bietet kaum Schatten. Die zehn Euro Eintritt sind gut angelegt. Um das Gelände zu erkunden, brauchen wir deutlich mehr Zeit als gedacht. Allein das gigantische Teatro Greco ist den Besuch schon wert. Mit einer Kapazität von 15.000 Zuschauern war es das größte Theater der Antike.
Das Ohr des Dionysios
Ganz nah am griechischen Theater liegen die Steinbrüche, in denen früher die Sklaven schuften mussten. Zur Latomie del Paradiso führt ein wunderschöner Weg, der mit Schilf und Zitronenbäumen bewachsen ist. Dort ist auch das Ohr des Dionysios (Orecchio di Dionisio) – eine hohe Felshöhle mit einer beeindruckenden Akustik. Auf der anderen Seite des Parks liegen die 200 Meter langen Ruinen des Hieron-Altars und das kleinere römische Amphitheater, in dem die Gladiatoren gegeneinander antraten.
Weitere Sehenswürdigkeiten in der Neustadt von Syrakus
Das angebliche Grab des Archimedes, der mit dem berühmten Spruch „Römer, störe nicht meine Kreise!“ auf den Lippen ins Jenseits befördert wurde, liegt nördlich des Parco Archeologico. Östlich vom Park lohnt sich ein Abstecher zum Archäologischen Museum Paolo Orsi im Stadtteil Tyche, das du ebenfalls gut zu Fuß erreichst. Es liegt in der Nähe der modernen Betonkirche Santuario Madonna delle Lacrime. Sehenswert sind auch die Überreste der Basilica di San Giovanni mit ihren Katakomben, in denen die frühen Christen heimlich ihre Toten begruben.
Kulinarischer Tipp
Das Circolo dell’Apollonion ist der kulinarische Geheimtipp in Syrakus! Auf der Karte steht lediglich ein 6-Gänge-Menü mit Fisch, Meeresfrüchten und Dessert zum Festpreis von 35 Euro. Coperto, Espresso, Wasser und ein Absacker sind inklusive. Nur der Wein kostet extra. Eine einzigartige Reise durch die sizilianische Küche mit frischen Zutaten des Tages. Im kleinen Restaurant, direkt um die Ecke des Apollotempels, gibt es nur wenige Tische, die jeden Abend für 19:45 und 22 Uhr vergeben werden. Reservierung ist also Pflicht.
Circolo dell’Apollonion, Via C. Campisi 18/20, Syrakus
Ortygia: Unterwegs in der Altstadt von Syrakus
Mit plattgelaufenen Füßen lassen wir den Rest des Tages ruhiger angehen. Schließlich wollen wir am nächsten Morgen wieder früh raus, um die Altstadt von Syrakus zu erkunden.
Die Straßenmärkte – ein kulinarisches Paradies
Morgens stürzen wir und in das bunte Treiben auf dem Straßenmarkt im Norden von Ortygia. Neben Kleidung findest du auf dem Markt eine große Auswahl an Fisch, Obst, Gewürzen und sizilianischen Spezialitäten. Wenn dich das Shoppen auf dem Markt hungrig gemacht hat und dich ein wenig Schlangestehen nicht stört, solltest du einen Zwischenstopp im Caseificio Borderi einlegen. Dort gibt es frische Panini und Vorspeisenplatten, die mit unterhaltsamer Showeinlage zubereitet werden.
Einfach treiben lassen – der beste Weg um Ortygia zu entdecken
Vom Markt schlendern wir gemütlich in Richtung des Apollotempels. Das Schöne an Ortygia ist, dass du das Centro Storico auch ohne Plan erkunden kannst. Die gesamte Altstadt wurde 2005 von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt und in den engen Gassen gibt es hinter jeder Ecke etwas zu entdecken. Mit den üppigen Barockverzierungen der eleganten Palazzi und den vielen kleinen Kirchen erinnert das alte Zentrum von Syrakus ein wenig an das apulische Lecce. Stundenlang kannst du hier gemütlich durch die Straßen schlendern, auf der Via Roma in kleinen Boutiquen und Handwerksläden shoppen, oder eine der vielen kleinen Kunstgalerien besuchen. Trotz der vielen verwinkelten Gassen fällt es dank der Uferstraßen nicht schwer, die Orientierung zu behalten.
Kulinarischer Tipp
Naschkater und Naschkatzen sollten in der Bar Marciante vorbeischauen. Die Pasticceria versüßt seit etwa 120 Jahren das Leben der Syrakusaner. Von Brioche über Cassatine, Cannoli, Mandelkekse und kandierte Früchte ist alles dabei, was das Herz begehrt. Draußen gibt es ein paar Tische, die süßen Sünden gibt`s natürlich auch zum Mitnehmen.
Bar Marciante, Via Saverio Landolina 9, Syrakus
Sehenswürdigkeiten rund um die Piazza Duomo
Das Herz von Ortigia ist der großzügige Piazza Duomo mit seinen prächtig verzierten Barock-Palazzi und dem imposanten Dom. Zahlreiche Cafès laden hier und an der angrenzenden Piazza Minerva zum Entspannen ein. Einige davon, wie das mittelmäßige Cafè Minerva, lassen sich die tolle Lage allerdings vergolden. Den Dom solltest du unbedingt besichtigen, denn er verbindet die Architektur des Mittelalters und der Antike zu einem einzigartigen Mix. Er wurde rund um den antiken Tempel der Athene gebaut, dessen Säulen im Inneren gut zu sehen sind.
Die barocke Chiesa di Santa Lucia alla Badia am südlichen Ende vom Domplatz lohnt einen kleinen Abstecher wegen eines berühmten Gemäldes: das „Begräbnis der Heiligen Lucia“ von Caravaggio. Der Domplatz hat abends eine ganz besondere Atmosphäre. Zum Sonnenuntergang wird er in goldenes Licht getaucht, später werden die prachtvollen Bauten wunderschön angeleuchtet. Ein Grund, auf jeden Fall über Nacht in Syrakus zu bleiben!
Kulinarischer Tipp
Lokale Spezialitäten und ganz einfache, authentische sizilianische Küche gibt es in der Osteria Da Pilluccio in einer abgelegenen Seitengasse auf Ortygia. Rustikal und bodenständig geht es in dem winzigen Lokal mit langer Geschichte zu. Zu trinken gibt es keine edlen Tropfen, sondern Vino sfuso als Hauswein. Die Pilluccio-Platte ist Pflicht! Auch lecker: Der Thunfisch mit Zwiebeln. Als Nachtisch einen Cannolo, Espresso und einen Zibibbo. Das alles zu unschlagbar günstigen Preisen.
Osteria Da Pilluccio, Via delle Grazie 31, Syrakus
Vom Castello Maniace zur Fonte Aretusa
An der Südspitze der Insel liegt das Castello Maniace. Von der Festung aus dem 11. Jahrhundert aus hast du einen guten Blick auf die Bucht von Syrakus – abends ein buntes Lichtermeer. Am Westufer füllen sich nach Einbruch der Dunkelheit die vielen Bars und Osterien, die direkt am Wasser liegen und bis zur Fonte Aretusa reichen. Bei dem Aretusa-Brunnen handelt es sich um eine Süßwasserquelle auf der von Salzwasser umgebenen Insel, die es schon den Griechen ermöglichte, längere Belagerungen der Stadt durchzuhalten.
Spätestens ab 23 Uhr leeren sich nicht nur die großen Plätze, sondern auch die Seitengassen in Ortygia. Syrakus hat ein eher beschauliches Nachtleben, was wir nicht weiter schlimm finden. Denn für den nächsten Teil unserer Reise müssen wir ausgeschlafen sein. Dann wollen wir die Barockstädte und die schönsten Dörfer im Hinterland der Monti Iblei erkunden. Was es dort zu sehen gibt, liest du hier!
Du warst schon in Syrakus oder möchtest noch mehr über Sizilien wissen? Dann hinterlasse mir in den Kommentaren gerne deine Tipps oder Fragen!
Hermann Salberg
Ich habe deinen Bericht mit großem Interesse gelesen. Schön geschrieben. Auch die Fotos illustrieren den Text sehr gelungen.
Frage: Ich habe für 1 Woche einen Flug nach Catania gebucht. Könntest du mir einen Tipp geben, in welchen Städten ich ein Standortqurtier buchen sollte. Jeden Tag in einem anderen Quartier ist glaube ich nicht so der Hit.
Vielen herzlichen Dank im voraus!
Torsten
Lieber Herrmann,
herzlichen Dank für dein Feedback! Wenn du eine Woche vor Ort bist, würde ich dir empfehlen, maximal einmal das Quartier zu wechseln. Alles andere ist wirklich zu stressig. Es hängt ein wenig davon ab, wo du hin willst. Für Touren rund um den Ätna und den Nordosten Siziliens würde ich entweder in Taormina oder in Catania was buchen. Von dort aus kannst du mit dem Auto prima die einzelnen Orte und den Ätna erkunden. Wenn du eher in den Südosten Siziliens möchtest, kann ich dir Syrakus (vor allem auf Ortigia) oder Noto empfehlen. Es ist ein guter Ausgangspunkt, um das Hinterland der Monti Iblei und die Barockstädte des Val di Noto zu besuchen.
Liebe Grüße
Torsten