Wer einmal in Apulien war, vergisst die entlegene Region am Absatz des italienischen Stiefels nicht mehr. Apulien begeistert nicht nur mit 800 Kilometern Küste und endlosen Olivenhainen. Auch die Küche weiß zu überzeugen – mit viel Fisch und frischem Gemüse. Das Kochbuch „Apulien“ stellt 90 Rezepte der apulischen Regionalküche vor.
Wie so viele Regionalküchen im Süden Italiens ist auch Apulien eine cucina povera, eine Küche der armen Leute. Was allerdings wenig über die Qualität aussagt. Denn cucina povera bedeutet zunächst einmal, dass die Menschen mit dem kochen, was ihre Region und die Jahreszeiten hergeben. Dass sie nachhaltig mit den Zutaten umgehen und auch die Reste in einem guten Gericht aufbrauchen.
Entsprechend ist auch das Kochbuch von Luca Lorusso und Vivienne Polak aufgebaut. Die Rezepte, die die beiden Australier zusammentragen, sind zwar überwiegend klassisch aufgeteilt, nehmen aber oft Bezug auf die Hauptzutat – Fleisch, Fisch oder Gemüse.
Unter den 90 Rezepten finden sich sowohl typisch apulische Gerichte – darunter die Orecchiette, die vor allem charakteristisch für die Gegend um die wunderschöne Barockstadt Lecce sind. Lorusso und Polak servieren die „Oriechette al vino rosso“ – mit einem kräftigen Primitivo aus dem Salento. Die Sauce mit Kapern, Oliven, Tomaten und Sardellen machen die roten Öhrchen zum Hochgenuss.
Sehr lecker und wahnsinnig schnell zubereitet sind auch die Carpacci von der Makrele oder den Garnelen. Vorausgesetzt, man bekommt den Fisch wirklich frisch! Zum Beispiel bei einem Urlaub in Apulien, als Selbstversorger in einem der vielen Ferienapartments oder den urigen Trulli. Toll ist auch das Olivenöl-Eis, das auf die Zutat zurückgreift, die die Region am meisten prägt. In kaum einer Region Italiens werden so viele Oliven angebaut wie in Apulien.
Der Schwierigkeitsgrad der Rezepte hält sich insgesamt in Grenzen. Das Buch nimmt Abstand vom Superaufwendigen, stellt einfache Gerichte mit übersichtlichen Anleitungen in den Mittelpunkt. Was aber nicht zuletzt auch an der cucina povera liegt, die mit wenig Chichi auskommt. Garniert ist jedes Rezept mit einer kleinen persönlichen Geschichte und geschmackvollen Fotos der Gerichte, die Handarbeit suggerieren.
Was allerdings die Regionalküche Apuliens als Ganzes ausmacht, beantwortet das Kochbuch nicht vollständig. Bei „nur“ 90 Rezepten kann die Frage ohnehin nicht geklärt werden. Dass Rezepte mit Esels- oder Pferdefleisch nicht unbedingt in einem Mainstream-Kochbuch auftauchen, das zuerst in Australien erschien, ist verständlich. Allerdings hätten Lorusso und Polak einige typisch apulische Spezialitäten wie Taralli oder Dentice alle olive in das Kochbuch aufnehmen können. Stattdessen hätten sie auf ein Gericht wie „Linguine alle vongole“ verzichten können – es gehört zum Standard in jedem italienischen Kochbuch.
Abgesehen von diesen kleinen Schönheitsfehlern hinterlässt „Apulien – 90 Originalrezepte von Italiens unentdeckter Küste“ einen positiven Eindruck. Schön aufgemacht mit vielen Bildern der Region, einfachen Rezepten und einem sommerlich-mediterranen Cover regt es nicht nur zum Blättern, sondern auch zum Kochen ein.
Luca Lorusso/ Vivienne Polak
„Apulien: 90 Originalrezepte von Italiens unentdeckter Küste“
(Christian Verlag)
256 Seiten, ISBN 978-3-86244-951-4, € 29,99
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