Die Maremma im Süden der Toskana lag lange Zeit im Dornröschenschlaf. Noch vor 100 Jahren war der Küstenstreifen ein unwirtliches Malaria-Gebiet, doch seitdem die Sümpfe trockengelegt wurden, hat sich viel getan. Heute ist die Maremma mit ihrer abwechslungsreichen Landschaft ein beliebtes Reiseziel für sanften Tourismus. Im Hinterland lockt sie mit mittelalterlichen Dörfern, an der Küste mit unberührter Natur und einigen der schönsten Strände der Toskana. Vom einstigen Fischerdorf Porto Santo Stefano auf der Halbinsel Monte Argentario aus wollen wir die schönsten Dörfer der Maremma und ihre vielen Sehenswürdigkeiten besuchen. Weil das Gute so nahe liegt, erkunden wir zunächst den Monte Argentario, wo du nicht nur gute Fischrestaurants findest, sondern ganz viel Natur genießen kannst.
Der Küstenstreifen der Maremma reicht ungefähr vom Badeort Follonica im Norden bis zur Halbinsel des Monte Argentario im Süden. Ihr Hinterland erstreckt sich nach Osten fast bis zum Monte Amiata und bis zur Grenze Latiums. Ein wunderschöner Naturschutzpark nimmt einen großen Teil der Küste ein, in dem du ganz viel Natur erleben, Wandern und Reiten kannst. Vor allem im Frühling und Herbst ist das Wetter für einen Aktivurlaub im Maremma-Naturpark am besten.
Porto Santo Stefano – verschlafener Fischerort am Monte Argentario
Ganz im Süden der Maremma haben wir uns einquartiert, in Porto Santo Stefano auf der Halbinsel Monte Argentario, die durch drei Landzungen mit dem Festland verbunden ist. Ihr vorgelagert ist die Insel Giglio, die 2012 traurige Berühmtheit erlangte, als dort das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia kenterte. Porto Santo Stefano liegt auf der Nordseite der Halbinsel und ist mit knapp 9000 Einwohnern gar nicht mal so klein. Unser Apartment klebt an einem Hügel direkt am Ortseingang und bietet einen tollen Blick auf den Hafen der Stadt.
In der Nebensaison ist Porto Santo Stefano geradezu verschlafen. Außer ein paar Einheimischen treffen wir beim abendlichen Spaziergang am Lungomare kaum eine Menschenseele. In der Hauptsaison wird es zwar voller, aber insgesamt gibt es am Monte Argentario ein überschaubareres Angebot an Unterkünften als andernorts.
Kulinarischer Tipp
Für Fans von leckeren Fischgerichten ist das Lo Sfizio in Porto Santo Stefano die erste Adresse. Das Restaurant gibt es zweimal im Ort, einmal direkt am Lungomare. Dort ist es in der Nebensaison allerdings geschlossen. Wenige Meter weiter am Corso Umberto ist das zweite Lokal (Lo Sfizio 2.0, bis 2018 war hier das Ristorante da Siro) mit einer großen Terrasse samt Meerblick. Absolut empfehlenswert sind die Antipasti del Giorno, die stetig wechseln. Als wir ordern, bekommen wir eine bunte Platte mit Fritelle, Sardellen mit Aubergine, Crostini mit geräuchertem Schwertfisch, frittierte Scampi mit einer köstlichen Senfsauce und Thunfisch an Porchetta. Die Grigliatone del Pesce, eine abwechslungsreiche ultrafrische Fischplatte, ist unser Hauptgang und nach einem Dolce sind wir pappsatt.
Lo Sfizio 2.0, Corso Umberto 100, Porto Santo Stefano
Sehenswertes in Porto Santo Stefano
Der hübsch mit Palmen rausgeputzte und abends stimmungsvoll beleuchtete Lungomare führt vom Hafen am Rathaus vorbei bis zum winzigen Stadtstrand. Jede Menge Bars und Eisdielen laden dort ein, gemütlich in der Sonne zu sitzen oder am späten Nachmittag einen Aperitif zu schlürfen. Abgesehen vom großzügigen Lungomare ist direkt am Wasser nicht viel Platz. Die Häuser stapeln sich steil an den Hängen. Viele Sehenswürdigkeiten hat Porto Santo Stefano nicht. Eine alte Festung aus dem 16. Jahrhundert, die Fortezza Spagnola, thront auf einem Hügel und unweit des Hafens gibt ein Aquarium Einblicke in die lokale Fischwelt. Ansonsten ist Porto Santo Stefano eher ein Ort zum Ausspannen, Baden und Wandern, von dem aus du bestens die Natur und Dörfer der Maremma erkunden kannst.
Monte Argentario – einsame Buchten und schattige Wanderwege
Du musst aber nicht unbedingt in die Ferne schweifen, denn auch am Monte Argentario kannst du bestens wandern. An der modernen Kirche Parrocchia Immacolata Al Valle oberhalb des Hafens beginnt die Via Panoramica. Die Küstenstraße mit herrlichen Ausblicken auf die vielen Buchten der Halbinsel sowie auf Giglio führt bis in den Süden der Halbinsel. Je nachdem, wo du das Auto abstellst, kannst du auf steinigen Wegen durch das durchgehend mit Macchia bewachsene Hinterland wandern. Oder aber du packst die Badesachen ein, denn rund um den Monte Argentario gibt es jede Menge einsame Buchten und schöne Strände (z.B. die Cala Grande, La Cantoniera). Um sie zu erreichen ist allerdings oft noch ein Fußweg von 15 Minuten nötig.
Kulinarischer Tipp
Am Monte Argentario solltest du einen typischen Maremma-Wein probieren: den Ansonica dell’Argentario. Er darf nur rund um die Küste des Monte Argentario, auf der Insel Giglio und im Hinterland bis nach Capalbio angebaut werden. Der Wein hat eine strohgelbe Farbe, einen leicht fruchtigen Duft und schmeckt sehr ausgewogen. Die Traube stammt ursprünglich aus Sizilien, wo sie als Inzolia angebaut wird. Auf dem Monte Argentario gibt es mehrere Winzer, die du besuchen und bei denen du die Weine probieren kannst.
Ganz im Süden des Monte Argentario werden die Straßen zunehmend zur Herausforderung. Vor einem besonders steilen Abhang kapitulieren wir schließlich und fahren wieder zurück. Allerdings nicht ohne bei einem lokalen Wein- und Olivenbauern vorbeizuschauen, der auf dem Hof Weine und Olivenöl verkauft.
Porto Ercole – ein Hauch von Costa Smeralda in der Toscana
Ein zweites kleines Städtchen liegt im Osten der Halbinsel und ist ein Paradies der Reichen. Porto Ercole ist vor allem wegen der vielen Prominenten bekannt geworden, die sich rund um den Ort luxuriöse Feriendomizile gekauft haben, in denen sie aber nur wenige Wochen im Jahr verbringen. Im Sommer legen sie mit ihren Yachten an und machen aus Porto Ercole eine Miniversion der sardischen Costa Smeralda. Der kleine Hafen mit seinem schmalen Strand ist recht hübsch und lohnt einen Spaziergang. Am Ende des Hafenbeckens führt eine Treppe hoch in das winzige Centro Storico, das als Borgo più bello gelistet ist.
Wir haben allerdings schon deutlich schönere Dörfer gesehen, spannend ist das historische Zentrum eher wegen der Ereignisse, die sich dort einst abspielten: Porto Ercole war der letzte Ort, den der zum Tode verurteilte Maler Il Caravaggio auf seiner Flucht aufsuchte und an dem er schließlich verstarb. Die Todesumstände sind bis heute unklar, aber er soll verwundet gewesen sein und zwei Tage später im Krankenhaus Santa Croce gestorben sein.
Durch die Porta Senese betreten wir das historische Zentrum und folgen dem Percorso Caravaggio. Der Weg führt an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten vorbei. Darunter sind Torbögen aus dem 15. Jahrhundert oder die Bastione Santa Barbara mit ihrer Aussichtsterrasse samt Blick auf die alte Festung Forte Filippo auf dem Hügel gegenüber. Etwas weiter bergauf befindet sich in der Altstadt ebenfalls eine Festung, die Rocca Spagnola, bei der sich der mühsame Aufstieg aber kaum lohnt. Sie ist im Privatbesitz und lässt sich nur mit Sondergenehmigung besichtigen.
Orbetello – das Vogelparadies in der Lagune am Monte Argentario
Von Porto Santo Stefano brechen wir auf in Richtung Orbetello, der mittleren Landzunge, die den Monte Argentario über eine Straße mit dem Festland verbindet. Die Lagune von Orbetello ist ein echtes Vogelparadies, in dem du Flamingos beobachten kannst. Rund um die Lagune gibt es zahlreiche Camping-Möglichkeiten, Teile der Landzungen sind allerdings Naturschutzgebiet. Wenn du hier campst, solltest du nichts gegen Mücken haben, denn die schwirren in der Gegend in großen Schwärmen umher.
Orbetello hat knapp 15.000 Einwohner und ist ein Städtchen mit guten Einkaufsmöglichkeiten, weshalb hier einiges los ist. Entlang des Nordufers gibt es jede Menge Parkplätze und Blicke auf die Lagune noch dazu. Wir schauen uns zuerst den Dom von Orbetello an, der aus dem 13. Jahrhundert stammt und recht karg ausgestattet ist. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde er fertiggestellt.
Über einen kleinen Durchgang geht es in die lebhafte Fußgängerzone, wo wir uns am Palazzo di Spagna mit seinem Glockenturm in das nachmittägliche Getümmel stürzen. Bei einem Eis schmieden wir Pläne für den nächsten Tag, an dem wir die schönsten Dörfer der Maremma besuchen wollen.
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