Das Valle d’Itria ist eine der außergewöhnlichsten Ecken in Italien. Eine echte Märchenlandschaft. Verwunschen, mit sanft geschwungenen Hügeln und leuchtend roter Erde. Inmitten kleiner Olivenhaine, Weinreben und Obstgärten mit Mandelbäumen stehen seltsame Rundbauten mit Zipfelmützendächern: die Trulli. Architektonisch irgendwo zwischen Hobbit- und Hexenhäuschen. Sie sind der Grund, warum es jedes Jahr Abertausende Italien-Urlauber nach Alberobello in das Itria-Tal zieht. Eine Reise in eine der romantischsten Ecken Apuliens.
- Warum rund um Alberobello so viele Trulli stehen
- Ein Städtchen voller Fotomotive – Alberobello entdecken
- Wann du Alberobello besuchen solltest… und warum es gut ist, über Nacht zu bleiben
- Die Trulli-Viertel Rione Monti und Aia Piccola
- Die malerische Atmosphäre im Rione Monti genießen
- Aia Piccola – Trulli-Viertel abseits des Trubels
- Die Neustadt – über die Shopping-Meile zum Trullo Sovrano
- Worauf du in Alberobello achten solltest
- Parken in Alberobello
- Entdecke weitere Reiseziele in Apulien
Vorbei an schiefen Steinmauern aus flachen Kalksteinen, vorbei an sonnenverbrannten Böden. Wir sind auf dem Weg nach Alberobello. Kaum ein Ort in Apulien ist so bekannt wie das kleine Städtchen mitten in der Murgia. Mehr als 1400 Trulli stehen hier auf engstem Raum. Die Altstadt-Viertel Rione Monti und Rione Aia Piccola in der Trulli-Hauptstadt sind seit 1996 UNESCO-Welterbe. Die Häuschen sind weiß gekalkt, mit Runddächern aus grauem Naturstein und einer auffälligen, ebenfalls gekalkten Dachspitze.
Warum rund um Alberobello so viele Trulli stehen
Um die Herkunft der Trulli ranken sich noch heute viele Legenden. Die ältesten noch erhaltenen Steinhäuschen im Itria-Tal stammen aus dem späten 17. Jahrhundert. Gebaut wurden sie aber schon viel früher. Seit wann genau und wer die Trockenbauweise nach Apulien brachte, darüber streiten die Forscher bis heute. Hirten und Bauern dienten sie als Unterschlupf oder Aufbewahrungsort. Ihre Wurzeln hat die Bauweise wahrscheinlich im Nahen Osten.
Dass in Alberobello so viele Trulli stehen, hat vermutlich etwas mit einem Gesetz unter spanischer Regentschaft zu tun – dem Baronibus-Edikt. Neue Siedlungen in der Region musste die Krone in Neapel genehmigen und sie waren steuerpflichtig. Da sich die geschichteten Steinhäuschen jederzeit in ihre Einzelteile zerlegen ließen, fielen sie nicht unter die Definition einer festen Siedlung. Steuern waren somit keine fällig.
Ein Städtchen voller Fotomotive – Alberobello entdecken
In Alberobello (zu deutsch: Schöner Baum) haben wir uns stilecht ein Trullo gemietet. Einen Steinwurf vom Centro Storico entfernt, aber angenehm ruhig gelegen. Mit einer kleinen Terrasse und einer verschmusten Katze, die uns jeden Abend einen Besuch abstattet, um sich Streicheleinheiten abzuholen. Allzu viele Sehenswürdigkeiten hat Alberobello mit seinen rund 10.000 Einwohnern nicht. Was daran liegt, dass die komplette Altstadt die Attraktion ist. Die Trulli, die sich dicht an dicht in den blumengeschmückten Gassen aneinanderreihen, sind eine echte Besonderheit. Entdecken kannst du das Städtchen bestens zu Fuß. Einfach treiben lassen und hinter jeder Ecke ein neues, bildhübsches Fotomotiv entdecken – genau das ist in Alberobello angesagt.
Wann du Alberobello besuchen solltest… und warum es gut ist, über Nacht zu bleiben
Dass der Ort zum Weltkulturerbe ernannt wurde und so beliebt ist, hat ihn allerdings auch verändert. Vieles in Alberobello ist auf den Tagestourismus ausgerichtet. Die Häuschen sind teils bis ins Kitschige aufgehübscht und Souvenirläden reihen sich aneinander. Morgens spucken Reisebusse Horden von Touristen aus, die die Gassen bis zum späten Nachmittag fluten. Am Wochenende ist es am schlimmsten – dann solltest du das Weite suchen. Um den unglaublichen Charme des Ortes zu genießen, musst du unbedingt über Nacht in Alberobello bleiben. Vor allem ab der Nebensaison kehrt unter der Woche abends Ruhe ein. Dann gehört dir das kleine Märchenstädtchen fast allein.
Die Trulli-Viertel Rione Monti und Aia Piccola
Das Leben in Alberobello spielt sich hauptsächlich in den Trulli-Vierteln Monti und Aia Piccola ab, wo du auch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten findest. Sie liegen sich auf zwei Hügeln gegenüber. Getrennt sind sie in einer Senke durch den Largo Martellotta, der während der Saison zu einer weitläufigen Piazza umfunktioniert wird und viel Flair verströmt. Bars und Cafés reihen sich hier aneinander – viele davon sind allerdings Touristenfallen.
Die malerische Atmosphäre im Rione Monti genießen
Der größte Betrieb herrscht im Rione Monti. Es ist das malerischste der beiden Trulli-Viertel, das sich zwischen der Via Monte Cucco und der Treppenstraße Via Monte Nero erstreckt. Es ist ein weißgetünchtes Schlumpfhausen mit idyllischen Gassen. Am höchsten Punkt von Monti steht – wie könnte es in Italien anders sein – eine Kirche: die Chiesa Sant’Antonio di Padova. Sie wurde 1927 fertiggestellt und ist die einzige Kirche in Alberobello in Form eines Trullo.
Abends, nach Sonnenuntergang taucht die zauberhafte Beleuchtung das Monti-Viertel in ein stimmungsvolles Licht. Dann macht es wahnsinnig viel Spaß, in den Gassen unterwegs zu sein und die einzigartige Atmosphäre mit allen Sinnen zu genießen. Um einen hervorragenden Blick auf das Monti-Viertel zu haben, musst du zum Belvedere an der Chiesa Santa Lucia gehen. Er liegt am Fuße des Rione Aia Piccola und bietet tagsüber wie abends ein wunderschönes Panorama und fantastischen Ausblick auf die vielen Zipfelmützen-Häuschen. Es ist der Ort in Alberobello, den du auf keinen Fall verpassen solltest.
Aia Piccola – Trulli-Viertel abseits des Trubels
Verglichen mit Monti geht es im Trulli-Viertel Aia Piccola deutlich geruhsamer zu. Es ist nicht nur deutlich älter, sondern die Gassen sind verschlafener und ermöglichen Spaziergänge abseits des Trubels. Am schnellsten erreichst du Aia Piccola über die Scalinata dell’Amore. Die herzverzierte Treppe mit der aufgemalten Strophe des Liebeslieds „I trulli di Alberobello“ ist eine der jüngsten Sehenswürdigkeiten des Ortes. Wenn du vorher schon einmal am Gargano unterwegs war, fällt dir sicherlich die Ähnlichkeit zur Pizzomunno-Treppe in Vieste auf. Die Scalinata dell’Amore führt dich zum Belvedere Santa Lucia.
Nicht verpassen solltest du die Casa Lippolis. Sie ist ein Verbund aus mehreren Trulli und war eins der ersten Gebäude in Alberobello, dem man mit Mörtel feste Mauern gab. In die Geschichte des Ortes ging die Casa Lippolis auch ein, weil dort 1797 der Feudalismus in der Provinz zu Grabe getragen wurde. Heute beherbergt sie das sehenswerte Stadtmuseum.
Kulinarischer Tipp: Lokale Weine
In Italien, vor allem im Süden, machst du nie etwas falsch, wenn du einfach nur den Hauswein zum Essen bestellst. Die Restaurants kaufen ihn meist bei den Winzern direkt. Abgefüllt wird er in große Kanister. Aber auch Endverbraucher können sich auf diese Weise einen guten Wein für den gemütlichen Abend auf der Terrasse holen. In Alberobello schauen wir deshalb bei der Azienda Agricola Masciulli am Rande der Rione Aia Piccola vorbei. Die Familie baut seit 100 Jahren Wein an und verkauft Vini sfusi als Direktabfüllung bei einem Literpreis von weit unter zwei Euro.
Azienda Agricola Masciulli, Via C. Colombo 48, Alberobello
Einen Besuch ist auch die Via Verdi wert. Dort kannst du eine ganze Reihe von Trulli besichtigen. Grundsätzlich ist das auch bei vielen Trulli im Rione Monti möglich. Dort sind die geöffneten Trulli aber zeitgleich oft ein Souvenirshop. Oder wie beim Trullo Sotterraneo eine sehenswerte kleine Kunstwerkstatt, wo sich die Touristen gegenseitig auf die Füße treten. Die Trulli in der Via Verdi dagegen geben ganz ohne Hintergedanken Einblick in die Vergangenheit.
Die Neustadt – über die Shopping-Meile zum Trullo Sovrano
Aia Piccola grenzt an die Neustadt, die rund um die Piazza del Popolo beginnt. Von hier führt der Corso Vittorio Emanuele II, Alberobellos schmucke Shopping-Meile, hinauf zur Hauptkirche des Ortes. Die Basilica di Santi Medici von 1885 sticht mit ihrer neoklassizistischen Gestaltung durchaus aus dem architektonischen Ensemble aus Trulli und modernen Funktionsbauten hervor.
Linker Hand an der Basilica vorbei geht es zum Trullo Sovrano. Es ist eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten von Alberobello. Nicht nur, weil es heute ein Heimatmuseum beherbergt, das die Geschichte des Ortes erzählt. Was das Trullo Sovrano so besonders und einmalig macht, ist seine Bauweise. Es ist das einzige Trullo, das ein Obergeschoss hat. Ganze 14 Meter ist es hoch. Wie die Casa Lippolis war es eines der ersten Gebäude, das mit Mörtel errichtet wurde und somit gegen das Baronibus-Edikt verstieß.
Kulinarischer Tipp: Osteria La Cantina
In Alberobello gehört ein Abendessen in der kleinen Osteria La Cantina in der Neustadt zu den Pflichtbesuchen. Eine Treppe führt hinab in den immer gut besuchten Speisesaal im Keller mit den funktionalen Holztischen, an denen sich nicht nur Touristen, sondern viele Einheimische tummeln. Die Antipastoplatte des Hauses ist reichhaltig und kommt in mehreren Schwüngen. Bei unserem Besuch gibt es u.a. verschiedene Käse- und Wurstspezialitäten, eine ultrafrische Burrata, Focaccia, getrüffeltes Omelette und vieles mehr. Köstlich auch die Orecchiette al ragù pugliese, die Bombette und das Controfiletto vom Podolica-Rind. Dazu eine Moscato-Müller-Thurgau-Cuvee aus Locorotondo – fantastisch! Eigentlich passt kein Minzblättchen mehr, aber zu den süßen Panzerotti mit Schokofüllung können wir nicht Nein sagen. Am Ende des Abends fällt es schwer, die Treppenstufen wieder raufzukommen. Aber verdammt lecker war’s!
La Cantina, Vico Lippolis 8, Alberobello
Worauf du in Alberobello achten solltest
Wenn du in Alberobello unterwegs bist, musst du unbedingt auf die Dächer der Trulli achten. Viele Dachspitzen enden mit eigentümlich geformten Zinnen. Außerdem kannst du auf den Steindächern der Rundbauten große, weiße Symbole entdecken. Bis heute rätselt man, welche Funktion die Zinnen haben. Vermutlich sind sie mehr als kunstvolle Verzierungen der Häuser. Man geht davon aus, dass mit der Dachspitze auch die Zugehörigkeit zu einer Familie markiert wurde.
Noch interessanter sind die großen, aufgemalten Symbole auf der Vorderseite der Trulli-Dächer. Bei ihnen handelt es sich um christliche, heidnische, aber auch magische Zeichen. Einige Insignien stammen aus dem Tierkult der alten Römer, bei anderen handelt es sich um astrologische Zeichen. Die mystischen Symbole sind vermutlich tief im Aberglauben der Menschen verwurzelt. Sie sollten die Häuschen schützen oder für fruchtbare Ernten sorgen. Nahezu jedes Trullo unterscheidet sich durch ein individuelles Symbol und die Vermutung liegt nahe, dass es sich um eine Art Hausnummer handelt. Wirklich lösen konnte man das Rätsel um die Trulli-Beschriftungen und ihre Bedeutung allerdings bis heute nicht.
Kulinarischer Tipp: Burrata bei La Stalla
Seit einiger Zeit hat die Burrata endlich auch den Weg in deutsche Supermärkte gefunden. Doch hierzulande ist sie geschmacklich weit entfernt von einer Burrata in Apulien. Denn die Käsespezialität schmeckt eigentlich nur frisch gut, längere Lagerung verträgt sie nicht. Der Filata-Käse erinnert an Mozzarella, ist aber im Inneren deutlich cremiger und sahniger. Eine echte Delikatesse, die ursprünglich in Andria erfunden wurde. Heute ist Burrata eine der bekanntesten Käsespezialitäten aus Apulien. Besonders frische und außergewöhnlich gute Burrata bekommst du in Alberobello in der Käserei La Stalla. Dort kannst du gleich weitere Köstlichkeiten wie Stracciatella oder Ricotta mitnehmen.
Caseificio La Stalla, Via Indipendenza, 32, Alberobello
Parken in Alberobello
Parken in Alberobello ist nicht allzu schwer – vorausgesetzt, du bist früh genug vor Ort oder reist in der Nebensaison an. Direkt am Rand des Centro Storico gibt es eine ganze Reihe Parkplätze in der Via Indipendenza. Die Kosten halten sich für einen so touristischen Ort wie Alberobello in Grenzen. Bis 10 Uhr morgens ist es meist kein Problem einen Stellplatz zu ergattern. Ist in der Via Indipendenza alles belegt, kannst du noch den Parkplatz „Alberobello Downtown“ in der Via Monte S. Gabriele ansteuern, wo du dein Auto für ca. sechs Euro den ganzen Tag abstellen kannst. Tipp für Sparfüchse: In der Via Isonzo gibt es am Straßenrand weiß markierte Parkbuchten – dort kannst du kostenlos parken.
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