Rund um Mattinata läuft die Küste des Gargano noch einmal zur Höchstform auf. Erst kurz vor Manfredonia flacht sie schließlich entlang endloser Olivenhaine wieder ab. Das quirlig-charmante Manfredonia an der Südseite des Gargano ist wegen seines entspannten mediterranen Flairs einen Besuch wert. Das größte Highlight erwartet dich in dieser Gegend Apuliens allerdings in luftiger Höhe. Wie ein Adlerhorst klebt Monte Sant’Angelo an einer steilen Bergkuppe und begeistert mit sehenswertem Weltkulturerbe. Ein Highlight, das du auf einer Reise nach Apulien nicht auslassen solltest.
- Die schönsten Buchten im Süden des Gargano
- Mattinata – Reiseziel für Sommerurlauber
- Manfredonia – mediterrane Gelassenheit am Südzipfel des Gargano
- Die Salinen von Margherita di Savoia
- Schmale Seitenstraßen, enge Kurven und Schweißperlen auf der Stirn
- Das Bergdorf Monte Sant‘Angelo und seine Sehenswürdigkeiten
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Die schönsten Buchten im Süden des Gargano
Zwei Routen führen von Vieste nach Mattinata. Die Wahl hängt vom persönlichen Geschmack ab. Die SS89 verläuft im Hinterland entlang der Bäume des Foresta Umbra, Apuliens einzigartigem Urwald, und verspricht schattige Verschnaufpausen. Die SP53 schlängelt sich dagegen an der Küste entlang und ermöglicht dir einige spektakuläre Ausblicke auf die steil abfallenden Felsen.
An der Küste solltest du von der Baia delle Zagare, über die Cala Pescecane bis Mattinatella nicht nur die Blicke genießen, sondern auch ein Bad nehmen. Die Strände in den kleinen Buchten sind echte Perlen und gehören mit ihren weißen Kalkfelsen zu den romantischsten Ecken des Gargano.
Mattinata – Reiseziel für Sommerurlauber
Der 6000 Einwohner starke Ort Mattinata, etwa zwei Kilometer von der Küste entfernt, ist der touristische Mittelpunkt an der Südseite des Gargano. Zu römischer Zeit lag er noch am Meer. Als das antike Matinum jedoch durch eine Flutwelle zerstört wurde, gründeten die Bewohner den Ort etwas weiter im Landesinneren neu. Lange Zeit war er von der Außenwelt förmlich abgeschnitten – es gab keine Straßen. In die Nachbargemeinden Monte Sant’Angelo und Manfredonia führten nur unwegsame Eselspfade.
Verglichen mit den anderen touristischen Zentren des Gargano wie Vieste oder Peschici ist Mattinata keine große Schönheit, auch wenn der Ortskern durchaus herausgeputzt ist. Sehenswürdigkeiten gibt es so gut wie keine. Trotzdem lebt Mattinata vor allem im Sommer auf. Dann kommen die Gäste nicht nur, weil ihnen von hier die gesamte strandreiche Küste zu Füßen liegt. Die zahlreichen Bars und Restaurants am langgezogenen Corso Matino sind vor allem abends ein Touristenmagnet. Es ist die kurze Phase im Hochsommer, in der sich das Städtchen verwandelt und Abend für Abend jede Menge mediterranen Flair versprüht. Mit der Nebensaison werden an den Stränden schon die ersten Liegen zusammengeklappt und der Betrieb flacht deutlich ab. Im Winter gehört Mattinata wieder ganz allein den Mattinatesi.
Kulinarischer Tipp
Im garganischen Dialekt bezeichnen Ciangularie kleine Süßigkeiten, die für religiöse Feste oder Feiertage zubereitet werden. Seit Ende der Siebziger verwöhnt die gleichnamige, familiengeführte Pasticceria mitten im Zentrum von Mattinata das ganze Jahr über Touristen wie Mattinatesi mit traditionellen Keksen und anderen süßen Leckereien des Gargano. Darunter sind das Weihnachtsgebäck Scartellate mit duftenden Mandeln, Honig und Vin Cotto. Aber auch knusprige Torroncini Garganici oder Calzoncelli, die mit Kichererbsen-, Mandel- oder Kastanienmus gefüllt sind.
Pasticceria Ciangularie, Corso Matino 133, Mattinata
Manfredonia – mediterrane Gelassenheit am Südzipfel des Gargano
Nach einer kurzen Stippvisite in Mattinata machen wir uns auf zu unserem eigentlichen Ziel an der Südküste des Gargano: Manfredonia, das kleine Städtchen mit rund 56.000 Einwohnern. Keine 20 Autominuten liegt es von Mattinata entfernt. In Manfredonia ist viel los an diesem Vormittag unter strahlend blauem Himmel. Die Parkplätze entlang des Stadtstrands und des Lungomare sind alle belegt, obwohl es nicht gerade wenige gibt. Am Hafen werden wir schließlich fündig.
Auferstanden aus Ruinen
Manfredonia blickt auf eine lange Geschichte zurück. Nicht weit vom heutigen Zentrum lag das antike Siponto, das angeblich der griechische Held Diomedes gründete. Mehrere Erdbeben und die Ausbreitung der Malaria sorgten dafür, dass Siponto aufgegeben werden musste. Stauferkönig Manfred, Sohn von Friedrich II., errichtete ab 1256 etwa einen Kilometer nördlich des antiken Siponto eine neue Stadt. Ganz bescheiden gab er ihr den eigenen Namen. Viel zu sehen aus dieser Zeit gibt es in Manfredonia allerdings nicht mehr, denn 1620 eroberten die Türken die Stadt, plünderten sie und machten sie nahezu dem Erdboden gleich.
Shoppen und Sightseeing auf der Flaniermeile Corso Manfredi
Der Wiederaufbau kam nur langsam in die Gänge. Dafür zeigt sich die Altstadt, vor allem der Corso Manfredi mit seinen schmucken Palazzi, heute architektonisch wie aus einem Guss. Der Corso ist die lebhafte Hauptschlagader Manfredonias und ein Shopping-Paradies des Gargano. Er beginnt im Westen an der Piazza Guglielmo Marconi mit dem imposanten Triton-Brunnen. Schon nach wenigen Metern kommst du am Palazzo dei Celestini vorbei. Er beherbergt eine große Bibliothek mit geisteswissenschaftlicher Literatur. Direkt gegenüber liegt die Parrocchia Santa Maria di Carmine. Eine äußerlich eher schlichte Kirche mit einer schön gearbeiteten Skulptur davor, die innen aber durchaus einen Blick wert ist.
Der Corso lädt nicht nur wegen der vielen Geschäfte und Cafés zum gemütlichen Bummeln ein. Er ist gesäumt von überwiegend zweistöckigen Palazzi, die in den letzten Jahren restauriert und in Pastellfarben schön herausgeputzt wurden. Die architektonische Einheit wird an der großen Piazza del Popolo kurzzeitig gebrochen. Palmen und die Chiesa San Domenico mit ihrem Portal aus dem 13. Jahrhundert setzen aber süditalienisches Flair dagegen.
Bis zur Chiesa Stella Maris läuft der Corso Manfredi noch einmal zur Höchstform auf – sicherlich sein schönster Abschnitt! Neben der Kirche findest du hier auch den neoklassischen Palazzo Giordano. Er war Wohnort des Schriftstellers und Dichters Gian Tommaso Giordano aus Neapel, der Anfang des 19. Jahrhunderts zum Bürgermeister Manfredonias gewählt wurde.
Basilica San Lorenzo Maiorano
Parallel zum Corso Manfredi verläuft der Corso Roma, der jedoch überhaupt keine Fußgängerzone zum Flanieren ist. Stattdessen fließt dort der Verkehr dicht an dicht. Die mondäne Eleganz fehlt ihm. Auf der Höhe der Piazza del Popolo solltest du ihm dennoch einen Besuch abstatten. Andernfalls verpasst du Manfredonias wichtigsten Sakralbau: die Basilica San Lorenzo Maiorano. Die wuchtige Kathedrale wurde nach der Zerstörung durch die Türken Mitte des 17. Jahrhunderts neu errichtet. Erst 100 Jahre später stellte man sie fertig. Ihre moderne Außenbemalung erinnert an den Papstbesuch von 1955. Zusammen mit dem gigantischen Vorplatz wirkt sie so trutzig, dass der kleine Campanile Orsini direkt nebenan förmlich untergeht.
Die alte Stauferburg Castello Svevo Angioino
Eine weitere Sehenswürdigkeit in Manfredonia ist das Castello Svevo Angioino am östlichen Ende des Corso Manfredi. Den Grundstein legte Manfred, fertiggestellt wurde die bestens erhaltene Burg allerdings von Karl von Anjou. Die Besichtigung lohnt sich nicht nur wegen der wunderschönen Arkaden im Innenhof. Von der Burg aus hast du auch einen guten Blick auf den größten Schandfleck Manfredonias – den alten Industriehafen, der weit ins Meer hineinreicht. Die Zeiten der Petrochemie sind glücklicherweise lange vorbei. Die Anlage wurde nach einigen Unfällen Ende der Achtziger geschlossen und liegt seit Jahrzehnten brach. Optisch ist sie der Dorn im Auge einer ansonsten wirklich sehenswerten Stadt, die erstaunlicherweise vom Tourismus unbehelligt geblieben ist.
Kulinarischer Tipp
Egal ob Mittag- oder Abendessen: In der Trattoria Il Baracchio bist du bestens aufgehoben. Einen Steinwurf von der Kathedrale entfernt genießt du hier unglaublich frische Fischgerichte. Vor allem der Pulpo ist ein Gedicht. Bei den Nachtischen sollte die Wahl auf den Orangenkuchen fallen.
Trattoria Il Baracchio, Corso Roma 38, Manfredonia
Die Salinen von Margherita di Savoia
Etwas südlicher am Golf von Manfredonia liegen die Salinen von Margherita di Savoia, wo fast die Hälfte der italienischen Salzproduktion erwirtschaftet wird. Fast schon bizarr ist, dass man trotz der Nähe zu den Salinen auf dem gesamten Gargano so gut wie kein Salz aus Apulien kaufen kann. Wer scheinbar fündig wird, sollte einen guten Blick auf das Etikett werfen. Unser ‚Gargano-Salz‘ auf dem Spezialitätenmarkt in Vieste hatte eine lange Reise aus dem Himalaya nach Apulien hinter sich.
Schmale Seitenstraßen, enge Kurven und Schweißperlen auf der Stirn
Von Manfredonia führt unser Weg weiter nach Monte Sant’Angelo, das an einer Bergkuppe auf 800 Metern Höhe klebt. Als wir die Stadt verlassen, warnt uns das Navi vor einer Sperrung auf der Schnellstraße. Zwischen SS89 und dem Fuß des Berges lotst uns das Gerät auf eine schmale Straße, die uns den Schweiß auf die Stirn treibt. Eingerahmt von alten Steinmauern bietet sie gerade so viel Platz, dass ein Auto problemlos in eine Richtung fahren kann. Unser Gedanke: Hoffentlich kommt uns jetzt niemand entgegen!
Leider stirbt die Hoffnung diesmal als erstes – die schmale Straße ist lokal bekannt und nach einem guten Kilometer herrscht dichter Gegenverkehr. Jetzt heißt es, Spiegel einklappen für schweißtreibende Millimeterarbeit. Was nicht passt, wird passend gemacht. Und wenn es doch einmal zu eng ist, ist ein Auto nur ein Auto. Als wir die Straßensperrung schließlich umfahren haben, müssen wir uns nur noch über unzählige Serpentinen in Richtung Monte Sant’Angelo schlängeln. Wenn du Kurven magst, wirst du die Strecke hoch hinauf in den Pilgerort lieben.
Das Bergdorf Monte Sant‘Angelo und seine Sehenswürdigkeiten
Im 5. Jahrhundert soll Erzengel Michael in dem kleinen Ort erschienen sein. Die Grotte, in der der Engel gesichtet wurde, mauserte sich schnell zu einem der ältesten Pilgerziele des Abendlandes. Und tatsächlich: mit seinen weiß getünchten Häusern unter dem tiefblauen Himmel wirkt es fast, als wohnten hier oben auf dem Berg wirklich Engel. Heute gehört es zu der Vereinigung „Die schönsten Dörfer Italiens“.
In Monte Sant‘Angelo angekommen lassen wir unser Auto auf dem großen Parkplatz in der Nähe des Castello Normanno, das kein Besucher des Bergdorfs verpassen sollte. Das Kastell stammt aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts und hat über die Jahrhunderte viele Herrscher gesehen. Normannen, Staufer, Angioviner und Aragonesen haben architektonische Spuren hinterlassen.
Basilica San Michele – UNESCO-Welterbe
Von der Burg führt ein Weg an den typischen kleinen Häusern des Orts mit ihren roten Ziegeldächern und klobigen Schornsteinen vorbei. So landen wir schnell an der Basilica San Michele, die zum UNESCO-Welterbe gehört. Ein großer Teil der Wallfahrtskirche liegt unter der Erde. Eine Inschrift garantiert die Vergebung aller Sünden für alle, die die Kirche betreten. Wo bekommt man schon solch einen Freibrief?
Aber auch von außen macht es genug Laune, die Kirche und den achteckigen Glockenturm zu bestaunen. Allein die filigran gearbeitete Bronzetür aus dem 11. Jahrhundert ist ein echtes Highlight. Sie ist eines der ältesten Portale in Apulien und erzählt die vielen Geschichten rund um den Erzengel Michael. Gefertigt wurde sie von Künstlern aus Konstantinopel.
Kulinarischer Tipp
Das Brot von Monte Sant’Angelo gehört zu den kulinarischen Höhepunkten des kleinen Pilgerortes. Als Pane Caldo werden die riesigen Brotlaibe in den Bäckereien angepriesen. Sie können einen Durchmesser von einem Meter und ein Gewicht von acht Kilo haben. Seit der Antike soll das Brot in ähnlicher Form zubereitet werden. Die hellbraune Kruste ist extrem knusprig, das Innere angenehm weich. Am besten schmeckt es mit einem Spritzer Olivenöl und belegt mit Tomate.
Kirchenhopping in Monte Sant’Angelo
Nur ein paar Schritte weiter stehen bereits die nächsten Sehenswürdigkeiten: die Kirche Santa Maria Maggiore, deren steinernes Eingangstor ein echtes Kunstwerk ist. Im Inneren solltest du unbedingt die farbenfrohen und gut erhaltenen Fresken besichtigen. Sie stammen aus dem 13. und dem 14. Jahrhundert und wurden erst vor wenigen Jahrzehnten bei Renovierungsarbeiten gefunden. Links neben der Kirche steht die Chiesa San Pietro und die Tomba di Rotari. Letztere wurde fälschlicherweise für die Grabstätte des Langobardenkönig Rothari gehalten. Auch hier lohnt sich der Besuch der alten Kirche, selbst wenn die Fresken nicht ganz so gut erhalten sind.
Von den Kirchen führt ein Treppenweg hinab zu einem der schönsten Plätze in Monte Sant’Angelo – der Piazza De’Galganis mit ihrem einladenden mediterranen Flair. Rund um die Chiesa della Santissima Trinità verwöhnen Osterien die vielen Touristen mit garganischer Küche. Auch wenn der Hunger im Magen grummelt, ziehen wir weiter in den östlichen Teil des Ortes zur Kirche San Francesco d’Assisi aus dem 14. Jahrhundert. Angeblich wurde Königin Giovanna I. von Neapel in der Kirche bestattet, nachdem sie in der Burg von Monte Sant’Angelo ermordet worden sein soll.
Kulinarischer Tipp
Eine weitere Spezialität von Monte Sant’Angelo ist die Ostia Piena. Bei der Süßigkeit handelt sich um zwei große Oblaten. Gefüllt sind sie mit in Honig karamellisierten und mit Zimt aromatisierten Mandeln. Der Legende nach sollen Nonnen die Spezialität in einem Kloster in Monte Sant’Angelo erfunden haben. Den Nonnen sollen aus Versehen einige Mandeln in einen Topf mit heißem Honig gefallen sein. Um sie wieder herauszufischen, nahmen sie zwei Hostienwaffeln. Dabei verklebten die Mandeln sofort mit den Oblaten und die knusprige gefüllte Hostie war geboren. Die Ostie Piene kannst du aber nicht nur in Monte Sant’Angelo probieren. Weil der Gargano reich an Mandelbäumen ist, werden sie in vielen Dörfern produziert, darunter auch in Vico del Gargano. Wenn du Ostie Piene selber machen möchtest, findest du hier das Rezept.
Kurz hinter der Chiesa di San Benedetto, ganz in der Nähe der alten Stadtmauer, drehen wir um und schlendern über den Corso Vittorio Emanuele und die Via Reale Basilica zurück zur Pilgerkirche. Es ist Monte Sant’Angelos kleine Shopping-Meile, deren zahlreiche Adelspaläste sehenswert sind.
Mittlerweile hängt unser Bauch auf dem Boden. Mit einem Panino und ein paar Dolci aus der Pasticceria Forno Taronna in der Via Garibaldi sinken wir erschöpft auf die Bänke des Belvedere an der Villa Comunale. Im Schatten der Bäume genießen wir nicht nur unseren Mittagssnack, sondern auch den fantastischen Blick auf den Golf von Manfredonia.
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