Naschkatzen und Zuckerschlecker kamen bei Bernie Rieders letztem Kochbuch „Österreichische Küche Reloaded“ zu kurz. Lediglich ein paar Kaiserschmarrn-Rezepte nahm der Koch aus dem Burgenland darin auf. Doch gab er das Versprechen, die große Dessert-Vielfalt baldmöglichst in einem weiteren Buch vorzustellen. Mit „Süße Österreichische Küche Reloaded“ löst er dieses Versprechen ein. Bernie Rieder über die Nachtische Österreichs, süße Kreativität und warum er Schokomousse für überbewertet hält.
Es gibt Desserts, die sind seit Jahrzehnten gefragt. Woran liegt das?
Wenn du Konditor bist oder Desserts zubereitest, bist du ein wenig wie ein Apotheker. Du musst sehr genau arbeiten und alles exakt abwiegen. Hast du einmal das perfekte Rezept gefunden, dann veränderst du es nicht mehr. Und wenn du einen solchen Nachtisch isst, möchtest du den perfekten Geschmack immer wieder erleben.
Und was macht für dich ein perfektes Dessert aus?
Ein Dessert ist für meine Begriffe immer süß. Und muss vielfältig in seinen Varianten und Geschmacksrichtungen sein. Nur süß wäre ein bisschen wenig. Es braucht immer eine zusätzliche Note, könnte z.B. zimtig sein.
Welche Trends gibt es aktuell in der Küche des Süßen?
Dass die Leute immer weniger davon essen. Im Restaurant lassen sie immer das Dessert weg. Das hat mit dem Schlankheitswahn zu tun. Ich verstehe das absolut nicht. Ein Kaiserschmarrn hat weniger Kalorien als ein Müsliriegel! Dort ist insgesamt weniger Zucker drin. Selbst ein Früchtejoghurt hat Fett und Zucker ohne Ende, aber die Industrie vermarktet das als gesund.
Sind Desserts auf Gemüsebasis eine Antwort auf diese Entwicklung?
Ich halte nichts von den neumodischen Nachtischen mit Gemüse. Manchmal ist es ein wenig zu viel des Guten bei der Kreativität. Die Köche sollten das Gemüse lieber vorher vernünftig zubereiten können und nicht im Dessert verarbeiten. Das ist nicht notwenig. Die alten, klassischen Desserts bieten im Prinzip eh alles!
Du stellst in deinem neuen Kochbuch nicht nur Dessert-Klassiker aus Österreich vor, sondern auch neue Varianten von typisch österreichischen Nachtischen. Auf welche Kreationen bist du besonders stolz?
Meine Lieblinge sind die Eiskaffee-Variationen mit den verschiedenen Schäumen. Ich bin wirklich froh, dass ich einen Nachtisch gefunden habe, bei dem ich mich richtig kreativ austoben konnte. Da bin ich der erste, der sich mit dem Thema auseinandersetzt und nicht nur die typische Schlagsahne oben auf den Kaffee setzt. Ich hoffe, dass mir viele Kaffeehäuser diese Eiskaffees nachkochen. Dann bin ich bei denen sofort Stammgast!
Die österreichischen Nachtische wirken ein wenig wie die Fortsetzung der herzhaften Hauptgerichte im Süßen. Zum Beispiel gibt es sehr viele süße Knödel. Aber auch welche, die beides vermischen.
Wir sind ja das Knödelland. Ich habe sehr viele E-Mails zu meinen Topfenknödeln mit Petersilie bekommen. Die Leute glauben, das sei eine neue Kreation. Dabei hat sie meine Großmutter aus dem Burgenland so gemacht. Sie hat Petersilie in den süßen Quark gegeben und das gibt dem ganzen einen leichten Kick. Du darfst nur nicht zu viel nehmen! Und wenn du sie abwandeln möchtest, nimmst du stattdessen ein wenig Basilikum und ordentlich Zitronenzeste.
Welcher Nachtisch wird gerne mal unterschätzt?
Vielleicht der Palatschinken. Er hat generell nicht den Stellenwert, den er eigentlich haben sollte. Dabei ist er so vielfältig, kann mit Schokolade, Eis oder Früchten gefüllt werden und schmeckt immer toll. In Österreich essen zwar alle gerne Palatschinken, aber wenn sie es im Restaurant auf der Karte sehen, sagen sie, dass es ja „nur“ Palatschinken ist.
Und welches Dessert ist überschätzt?
Schokomousse ist überbewertet. Es hat eine schöne Konsistenz. Aber durch die vielen Eier und die Sahne wird der schöne Schokoladengeschmack verdorben. Es ist schaumig fluffig und schön zu essen, aber eigentlich ist es extrem verdünnt.
Gibt es einen Grund, warum in Österreich generell wenig Mousse- oder Cremedesserts gegessen werden?
Die Cremes sind in Österreich meist in den Torten verarbeitet. Zudem war die ursprüngliche süße Küche Österreichs sehr einfach und eine sehr arme Küche. Sie lebte von billigen Zutaten wie Mehl und Zucker. Sahne dagegen war teurer. Meine Oma kommt aus Oberösterreich. Dort hat man alte Semmeln vom Vortag mit Marmelade bestrichen und in eine Eipanade gegeben. Die hat man dann ausgebacken und mit Zucker bestreut. Pofesen waren das. Ein ganz einfacher Nachtisch, der mit den Zutaten gemacht wurde, die man hatte.
Das kulinarische Bild wurde zum anderen von der Monarchie geprägt. Österreich ist für mich auch immer das Land der opulenten Torten. Das Thema ist in deinem Buch mit Ausnahme einiger Cremeschnitten allerdings ein wenig kurz gekommen.
Stimmt! Aber bewusst, denn die Leute machen heute leider kaum noch Torten. Die Arbeit will sich keiner mehr antun. Deswegen habe ich mich auf andere Süßspeisen konzentriert. Ein paar Torten hab ich aber schon gemacht. Die Rezepte für die Esterhazy-Schnitten oder die Topfenschnitten sind schon 200 Jahre im Familienbesitz.
Hast du deshalb auch auf ein Rezept für die Sacher-Torte verzichtet?
Es gibt viele Kopien, aber nur eine Sacher-Torte. Das Original-Rezept müsste Sacher aber selber rausgeben.
Stellst du mir noch ein Lieblingsrezept aus deinem Buch vor?
Das ist der Faschingkrapfen-Tiramisu mit Marillen und Mandelkrokant. Ich habe aus meiner Erziehung ein Faible dafür, dass ich nichts wegschmeiße. Die Faschingskrapfen sind aber am nächsten Tag einfach nicht mehr gut. Ich habe mich gefragt, was ich damit machen kann. Mir kam die Idee zu einem Tiramisu. Dafür können die Krapfen sogar zwei, drei Tage alt sein. Man schneidet sie einfach auf und schichtet sie ins Tiramisu. Das schmeckt einfach wunderbar!
Faschingskrapfen-Tiramisu mit Marillen und Mandelkrokant
Zutaten
Tiramisu
- 6 Eigelb
- 80 g Kristallzucker
- 500 g Mascarpone
- 6 Faschingskrapfen
- 1 TL Vanillezucker
Marillenkompott
- 6 EL Kristallzucker
- 4 cl Orangenlikör Grand Marnier
- 200 ml Marillensaft
- ½ Zitrone nur der Saft
- 8 Marillen entkernt, halbiert
Mandelkrokant
- 8 EL Zucker
- 8 EL Mandelblättchen
Zubereitung
- Für das Kompott 6 EL Kristallzucker in eine beschichtete Pfanne geben und bei mittlerer Hitze karamellisieren lassen. Mit Orangenlikör ablöschen, gleich mit Marillensaft aufgießen und etwas einkochen. Zitronensaft, Marillen und Vanillezucker dazugeben und 2 Minuten köcheln lassen. Vom Herd nehmen und abkühlen lassen.
- Für den Krokant eine zweite beschichtete Pfanne auf den Herd stellen, 8 EL Kristallzucker hineingeben und karamellisieren lassen. Die Mandelblättchen hinzufügen und gut durchrühren, bis sich alles von der Pfanne löst. Auf ein Backpapier geben und auskühlen lassen. Sobald die Masse kalt ist, mit einer Moulinette reiben oder in einem Gefriersackerl mithilfe eines Nudelwalkers klein schlagen.
- Das Eigelb in einen Schneekessel geben und mit einem Handmixer aufschlagen. Nach und nach 80 g Kristallzucker dazugeben und weiterschlagen, bis sich das Volumen verdoppelt hat. Jetzt mit einem Schneebesen den Mascarpone langsam, aber gut unterheben. Nun die Faschingskrapfen schneiden – am besten der Länge nach in ca. 1 cm dicke Scheiben. Den Boden einer flachen Schüssel – sie sollte schon ca. 10 cm hoch sein – mit der ersten Hälfte Krapfenscheiben belegen. Etwas von der Mascarponecreme daraufgeben, gut verteilen, dann eine Schicht mit Marillenkompott – bitte auch den Saft dazunehmen. Darauf etwas Krokant verstreuen und wieder Krapfenscheiben darauf verteilen. So ziehen wir uns nach oben, bis wir alles verbraucht haben. Zum Schluss muss dir noch etwas Krokant übrig bleiben, der bildet den Abschluss. Das Tiramisu für mindestens 3 Stunden kalt stellen.
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