Kein Ort an der Ostküste des Salento versprüht so viel mediterranes Flair wie Otranto. Das herausgeputzte Hafenstädtchen gehört zur Vereinigung Borghi più belli d’Italia und begeistert mit einer atmosphärischen Altstadt und einer der schönsten Kathedralen in Apulien. Südlich von Otranto zeigt sich die Küste des Salento als atemberaubende Karstlandschaft mit sehenswerten Orten. Ein Abstecher nach Castro lohnt sich ebenso wie der Besuch des südlichsten Zipfels Apuliens in Santa Maria di Leuca.
Otranto – Sehenswürdigkeiten und Tipps
Otranto liegt etwa 35 Kilometer südöstlich von Lecce. Als östlichste Stadt Italiens blickt der Ort auf eine bewegte Geschichte zurück. Zur Zeit der Römer war Otranto ein geschäftiger Handelshafen und Roms Tor zum Orient. Im 4. Jahrhundert hatte die Stadt eine so bedeutende Stellung, dass Teile Apuliens, der Basilikata und Kalabriens als Terra d’Otranto zusammengefasst wurden. Doch über die Jahrhunderte erlebte sie eine Vielzahl unterschiedlicher Herrscher – von den Türken bis zu den Venezianern.
Die berühmteste Episode in der Geschichte der Stadt spielte sich 1480 ab und hallt bis heute nach. In einem blutigen Feldzug der Türken wurde Otranto nach erbittertem Widerstand fast bis auf die Grundmauern zerstört. Ein Großteil der Bevölkerung soll einem anschließenden Massaker zum Opfer gefallen sein, weil sie sich weigerten, zum Islam zu konvertieren. Seitdem gilt Otranto als Stadt der Märtyrer. Knochen der 800 Enthaupteten werden als Reliquien in der Kathedrale aufbewahrt. Damit das Ereignis nicht in Vergessenheit gerät, erinnert jedes Jahr im August das Fest der Heiligen Märtyrer an die blutige Belagerung.
Die Besetzung durch das Osmanische Reich war allerdings nicht von Dauer. Nur ein Jahr später gelang den Aragoniern unter Alfons II. die Rückeroberung. Im Anschluss ließen die spanischen Herrscher in kürzester Zeit das Kastell der Stadt errichten – heute die größte Sehenswürdigkeit von Otranto. In den folgenden Jahren wurde es weiter ausgebaut. In der Wehranlage Il Fortino geht es mittlerweile allerdings friedlich zu. Sie wird für Ausstellungen genutzt und kann ebenso wie der nachträglich erbaute Torre Matta besichtigt werden.
Kulinarischer Tipp: Pasticceria Merola
Noch vor dem Eingang zur Altstadt, gegenüber vom kleinen Stadtgarten Otrantos liegt das Paradies für Naschkatzen. Neben den üblichen Verdächtigen wie Aragoste oder Bignés gibt es in der Pasticceria Merola eine apulische Spezialität, die nach Meinung vieler Salentiner hier am besten sein soll. Die Rede ist vom Pasticciotto, einem kleinen Mürbeteiggebäck mit einer cremigen Füllung. Aber nicht nur die Pugliesen stehen Schlange für die süße Köstlichkeit, auch bei den zahlreichen internationalen Gästen hat sich die Qualität des Gebäcks herumgesprochen. Natürlich gibt es nicht nur eine Sorte, sondern du hast in der kleinen Konditorei die Qual der Wahl: neben der normalen Cremefüllung gibt es Pasticciotti mit Kirschkern, Schokolade oder Pistazien. Allerdings muss du dich beeilen – die Pasticceria ist unter der Woche nur bis mittags geöffnet.
Pasticceria Merola, Via Vittorio Emanuele 14, Otranto
Die alten Stadtmauern prägen noch heute das Centro Storico, das du durch Torbögen betrittst. Mit zahlreichen Boutiquen in der sehenswerten Altstadt und dem kleinen Yachthafen zieht Otranto ein zahlungskräftiges Publikum an. Das Städtchen zählt heute zu den beliebtesten Reisezielen im Salento. Vor allem bei Briten ist die rund 5500 Einwohner starke Stadt gefragt.
Bummeln in der Altstadt von Otranto
Abends am Wochenende kann es in Otranto im Sommer knackevoll werden. Dann zieht der Ort wie ein Magnet Menschen aus dem Umland an, die entlang des Lungomare und in den zahlreichen Bars und Restaurants die mediterrane Atmosphäre genießen.
Der Stadtstrand am Lungomare mag keine besondere Perle für einen Badeurlaub sein, kleine Fischerboote machen ihn allerdings zu einem Blickfang. Baden kannst du besser an einem der schönen Strände rund um Otranto. Es sind vielmehr die kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten, die zum Reiz des Ortes beitragen. Absolutes Highlight ist die Kathedrale Santa Maria Annunziata. Sie wurde 1088 unter Normannenkönig Roger errichtet. Äußerlich wirkt sie abgesehen von ihrem Rosettenfenster aus der Renaissance recht unscheinbar, doch im Inneren fasziniert sie allein schon durch ihren Gigantismus.
Dort wandern die Blicke unweigerlich zur großflächigen Kassettendecke aus dem 17. Jahrhundert, die mit Goldverzierungen nicht geizt. Sie prägt das Hauptschiff der Kathedrale so sehr, dass du die eigentliche Sehenswürdigkeit fast verpasst: der Boden besteht aus einem imposanten Fußbodenmosaik, das zwischen 1163 und 1165 entstand. Es zeigt auf einer Fläche von 800 m2 biblische Szenen. Unzählige Wesen aus der Mythologie sind darauf abgebildet. Sehenswert ist auch die säulengetragene Krypta mit ihren Wandfresken. An ihnen nagt allerdings der Zahn der Zeit.
Bei einem Gang durch die Altstadt kommst du auch an der San Pietro-Kirche vorbei. Sie erinnert in ihrer Architektur noch an die Zeiten, in denen Otranto Teil des byzantinischen Reichs war. Leider ist sie allzu oft verschlossen. Aber sollte sie geöffnet sein, wirf unbedingt einen Blick hinein!
Winter in Otranto
Otranto ist einer jener Orte im Salento, zu denen sich auch eine Reise im Winter lohnt. Von Anfang Dezember bis Anfang Januar findet in dem Hafenstädtchen die Alba dei Popoli statt – ein Fest, das mit seiner besonderen Lage verbunden ist. Als östlichste Stadt Italiens erreichen Otranto die ersten Sonnenstrahlen des neuen Jahres. Anlass genug zum Feiern. Mit Konzerten, einem stimmungsvollen Weihnachtsmarkt und vielen anderen Kulturveranstaltungen ist es eine der schönsten Zeiten des Jahres in der Stadt an der Adria.
Porto Badisco – idyllisches Fjord nahe Otranto
Von Otranto fahren wir weiter in Richtung Süden in Richtung Castro, wo die zerklüftete Küste allmählich steiler und rauer wird. Alte Wachtürme reihen sich im Abstand von wenigen Kilometern an den steinigen und kargen Felsen aneinander. Etwa elf Kilometer südlich von Otranto lädt das Fjord Porto Badisco zum Baden ein. Der Sagenheld Aeneas soll bei seiner Flucht aus Troja in dem natürlichen Hafen angelandet sein. So behauptet es zumindest die lokale Legende. Entlang der karstigen Felsen kannst du gut schnorcheln – es gibt einiges zu sehen.
Vor allem im Sommer kommen die Touristen nach Porto Badisco, weil das klare Wasser im Fjord ein wenig frischer und ideal zum Abkühlen an heißen Tagen ist. Wenige Meter von der Bucht entfernt liegt auch die Grotta dei Cervi (Hirschgrotte), in der beeindruckende Malereien aus der Jungsteinzeit entdeckt wurden. Allerdings ist sie für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Santa Cesarea Terme – nobler Kurort an der Küste des Salento
Auf unserem Weg nach Castro kriecht uns wenige Kilometer nach Porto Badisco der Geruch von faulen Eiern in die Nase. Wir sind angekommen in Santa Cesarea Terme, einem bekannten Kurort unterhalb eines bewaldeten Hügels. In warmen, schwefelhaltigem Thermalwasser kannst du hier etwas für deine Gesundheit tun. Der Ort ist erst Ende des 19. Jahrhunderts gewachsen. Reiche salentinische Familien errichteten in dem noblen Kurort extravagante Villen als Sommerresidenz und verbrachten ihren Urlaub am kleinen Stadtstrand Porto Miggiano.
Absoluter Hingucker ist der Palazzo Sticchi. Mit seiner maurisch angehauchten und verspielten Architektur erinnert er an einen Sultanpalast aus 1001 Nacht. Er ist kaum zu übersehen – die orientalischen Rundbögen und die orangefarbene Kuppel stechen aus dem Stadtbild hervor.
Castro – malerisches Centro Storico und immer noch ein Geheimtipp
Kurz vor Castro schlängelt sich die schmale Küstenstraße nochmals bergauf. In Richtung Meer schunkeln zahlreiche Boote im Hafen von Marina Castro. Die Sehenswürdigkeiten des kleinen Ortes liegen allerdings in der Altstadt auf etwa 100 Metern über dem Meeresspiegel. In der Antike siedelten auf dem Berg namens Pizzo Mucurune schon die Messapier, die Castro mit Mauern befestigten. Einen Teil der Mauern gibt es in einer etwas lieblosen archäologischen Ausgrabung zu sehen. Allerdings lässt sich nicht einmal mit ganz viel Fantasie anhand der Funde vorstellen, wie das antike Castrum Minervae zu dieser Zeit ausgesehen haben mag.
Der hübsche Altstadt-Kern von Castro ist winzig klein, aber absolut sehenswert. Rundherum kannst du ab der Piazza Perotti entlang der Passeggiata delle Mura den historischen Kern umrunden. Der Spazierweg entlang der alten Stadtmauern und Olivenhainen führt an der archäologischen Ausgrabung und den Resten des Minerva-Tempels vorbei. Die kurze Tour rund um die Altstadt ist Pflicht, auch weil sich dir immer wieder fantastische Ausblicke auf die Küste bis nach Santa Cesarea Terme bieten.
Die Piazza Perotti ist das soziale Herz von Castro. Hier schlurfen die Alten ins gemeinsame Gespräch vertieft mindestens einmal am Tag zur Aussichtsterrasse, um sich zu vergewissern, dass das Meer und die Küste noch da sind. Das andere Ende des Platzes dominiert das Castello Aragonese, das ursprünglich aus der Zeit der Anjou stammt. Erbaut wurde es allerdings auf den Resten einer noch älteren Verteidigungsanlage. Im Laufe der Jahrhunderte verfiel die alte Burg zunehmend, bis sich im 18. Jahrhundert der Bischof Del Duca bei König Ferdinand IV. erfolgreich für einen Wiederaufbau stark machte.
Grotta Zinzulusa
Abkühlung an heißen Tagen verspricht in Castro ein Besuch in der Grotta Zinzulusa. Die angenehm kühle Höhle in der Nähe der Stadt liegt direkt am Wasser und ist gut zu Fuß erreichbar. Von Stalagmiten und Stalaktiten gesäumt, sind etwa 140 Meter der Höhle begehbar. Gerade für Kinder ist der Besuch der Grotte bei einer Apulien-Reise ein Erlebnis. Außerdem bietet sie an heißen Sommertagen die Gelegenheit, der süditalienischen Hitze für eine Weile zu entkommen.
Die Via Roma führt am Castello vorbei zur mediterran-bunten Piazza della Vittoria mit der Chiesa Maria SS Annunziata. Noch während wir an der steinernen Außenseite des Gotteshauses die freigelegten Reste einer uralten byzantinischen Kirche bestaunen, blickt uns aus dem Eingang eine ältere Dame mit Putzbesen in der Hand neugierig an. Ein kurzes „Buongiorno“ und keine zwei Minuten später haben wir unsere private Führung durch die Kirche.
In einem wissensgefüllten Vortrag erfahren wir von der liebenswürdigen alten Signora, die sich begeistert über ihre Besucher freut, welche wichtigen Sehenswürdigkeiten es in der Kirche gibt. Egal ob der barocke Hochaltar mit Bildern von Castros Schutzheiliger Maria Annunziata, die Kanzel mit dem abstehenden Arm samt Kruzifix in der Hand oder die Reliquien der Heiligen Dorotea – sie alle haben eine Geschichte, die wir an diesem Tag kennenlernen. Und natürlich befolgen wir ihren Ratschlag, doch auf der Rückseite der Kirche in der winzigen Cappella della Addolorata vorbeizuschauen, bevor wir Castro wieder den Rücken kehren.
Santa Maria di Leuca an der Südspitze Apuliens
Am Ende der Welt oder zumindest am südlichsten Zipfel Apuliens liegt Santa Maria di Leuca. In dem kleinen Badeort treffen die Adria und das Ionische Meer aufeinander. Vor allem ab dem späten 19. Jahrhundert begann Leuca zu wachsen. Wie in Santa Cesarea Terme nutzten reiche Familien den Ort an der Südspitze des Salento als Sommerresidenz. Heute steht allerdings nur noch ein Bruchteil der noblen Villen.
Neben einem Spaziergang am sonnenverwöhnten Lungomare in Marina di Leuca ist für viele Besucher des Badeorts ein Besuch der Wallfahrtskirche Basilica Santa Maria de Finibus Terrae Pflicht. Die Kirche thront auf einem Felsen oberhalb des Hafens, quasi am Ende der Welt, und ist ein beliebtes Pilgerziel. Direkt daneben signalisiert der 42 Meter hohe Leuchtturm vorbeifahrenden Schiffen, dass sie das Kap von Apulien erreicht haben.
Kulinarischer Tipp: Gelateria La Dolce Leuca
Auch am südlichsten Zipfel Apuliens musst du nicht aufs Eis verzichten. Die Gelateria La Dolce Leuca verwöhnt mit cremigem, eiskaltem Genuss. Nicht nur in der Waffel oder im Becher, sondern auch in Form von kleinen Semifreddi. Das alles ohne viel Aufhebens, weshalb man die unscheinbare Eisdiele am Hafen leicht übersieht.
Gelateria La Dolce Leuca, Via Cristoforo Colombo 24, Santa Maria di Leuca
Den größten Teil des Jahres sagen sich Fuchs und Hase in Santa Maria di Leuca gute Nacht, was teilweise auch den Charme des Ortes ausmacht. Wenn du jenseits der Saison Urlaub abseits von Menschenmassen verbringen möchtest und Ruhe suchst, dann bist du am Südzipfel Apuliens goldrichtig.
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