Gerade erst habe ich euch mit „Cicchetti“ ein Kochbuch vorgestellt, das sich auf die venezianische Häppchen-Tradition konzentriert. Schon steht mit „Die Küche Venedigs“ ein weiteres Buch in den Läden, das sich voll und ganz mit der Kochkultur der Lagunenstadt befasst. Und mit vielen Geschichten und Tipps mehr bietet als eine bloße Rezeptesammlung.
Innerhalb Italiens gibt es quasi zwei britische Kolonien. Die eine liegt an der Amalfitana, wo die Upper Class den Ausblick von steilen Küstenhängen genießt, während sie in George Clooney-Manier den Espresso schlürft. Und in Venedig seufzen britische Touristen angesichts der beeindruckenden Architektur im Sekundentakt ‚how beautiful’. Da wundert es nicht, dass sich so viele Kochbuchautoren aus England mit der italienischen Küche und Lebensart beschäftigen.
Rezepte mit historischen Wurzeln
So auch Giancarlo und Katie Caldesi, ein italienisch-britisches Paar, das in Großbritannien gleich mehrere italienische Restaurants und eine Kochschule betreibt. Mit viel Liebe zum Detail widmen sie sich in „Die Küche Venedigs“ den Köstlichkeiten der Serenissima. Viele ihrer Gerichte basieren auf den üppig gewürzten Speisen des „Libro per cuoco“, das ein anonymer venezianischer Koch ca. im 15. Jahrhundert verfasst hat. Diesen setzen sie einfachere, neuzeitliche Gerichte entgegen.
Natürlich finden kleine Cicchetti auch bei den Caldesis Erwähnung, sind aber nur eine kulinarische Tradition Venedigs unter vielen. Tramezzini, Crostini, Pasta- und Polentagerichte sowie Risottorezepte stellen sie ebenso vor wie Frittata-Variationen und venezianische Süßigkeiten. Sehr übersichtlich in acht Kapitel untergliedert und ansprechend gelayoutet.
Bei Rezepten wie Schwarze Linguine mit Krebsfleisch oder Knusprige Garnelen auf Kürbis in saor läuft einem schon beim Lesen das Wasser im Mund zusammen. Auch die Nachtische wie die Venezianische Birnentarte begeistern. Am liebsten möchte man alles gleichzeitig nachkochen. Das fördern die gut strukturierten Rezepte auch – Gerichte wie die Käseravioli mit Safran-Sauce und Kräutern oder die Entenbrust mit Pfeffersauce und pikantem Apfelkompott lassen sich gut anhand der Anleitung zubereiten. Leser mit wenig Kocherfahrung lassen die Caldesis ebenfalls nicht im Regen stehen. So geben sie eine gute Anleitung für die perfekte Pasta-Zubereitung oder hilfreiche Tipps für die Verarbeitung von Bohnen.
Ein kulinarischer Reiseführer durch Venedig
Doch „Die Küche Venedigs“ ist mehr als nur ein Kochbuch. Es ist ein kulinarischer Reiseführer. Die Rezeptvielfalt spiegelt sich in sehr schönen Fotografien der Gerichte, die mit Bildern von Venedig und seinen Bewohnern aufgelockert werden. Jedes Rezept wird mit persönlichen Geschichten, Restaurantempfehlungen oder kulturgeschichtlichem Informationen gespickt.
Schon zu Beginn führen sie durch die Geschichte Venedigs als See- und Handelsmacht, die durch den Levantehandel zu Reichtum gelangt. Die Caldesis beleuchten die wichtigsten Gewürze und zeichnen die Entwicklung der kulinarischen Tradition der Stadt nach. Ein Hintergrundwissen, das viele Kochbücher vermissen lassen. Entsprechend runden Restaurant-Tipps und eine ausfühliche Bibliographie das Buch ab, das zu den besten gehört, die über die Kochkunst der Serenissima geschrieben wurde. Ein kulinarisches Highlight, das zum Schmökern und Kochen einlädt.
Ein ausführliches Interview mit Katie Caldesi lest ihr hier!
Katie & Giancarlo Caldesi
„Die Küche Venedigs: Traditionelle Rezepte neu entdeckt“
(Knesebeck)
272 Seiten, ISBN 978-3-86873-811-7, € 29,95
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