Seit nunmehr 1989 gibt Slow Food Editore, der Verlagszweig der italienischen Kulinarik-Organisation, Bücher heraus. Egal ob ihr Führer durch die vielfältige Welt der italienischen Osterien oder Kochbücher – in der Regel zählen sie zu den besten Publikationen, die zur italienischen Kochkunst erscheinen. Mit „La Cucina Italiana – die neue Landküche Italiens“ hat wieder ein Titel den Weg nach Deutschland gefunden. Es ist ein anspruchsvolles Kochbuch, das mit den richtigen Zutaten spannende kulinarische Erlebnisse ermöglicht.
Ostinati – für die Gastronomie geboren
Was in Deutschland unter dem etwas uninspirierten Allerweltstitel „La Cucina Italiana“ erscheint, ist als Ergänzung zum renommierten Restaurantführer „Osterie d’Italia“ gedacht. Er empfiehlt seit einem Vierteljahrhundert italienweit die besten Osterien, die sich den Slow Food-Prinzipien verschrieben haben oder durch regionale, authentische Küche überzeugen. Der Titel der italienischen Orginalausgabe – „Ostinati“ – verrät schon eher, worum es geht: um Menschen, die sich und ihr Leben ganz und gar der Gastronomie verschrieben haben. Menschen, deren Sinnfindung sich zwischen der Bewirtung und Bildung ihrer Gäste durch Produkte und Gerichte bewegt, welche aus dem reichen kulinarischen Schatz Italiens schöpfen.
Von Nord nach Süd portraitiert das Buch in lesenswerten Texten 15 Gastronomen und ihre Osterien. Es erzählt von den kulinarischen Gratwanderungen zwischen Tradition und Erneuerung. Und vom Respekt vor dem, was ihre jeweilige Region an Inspiration für schmackhafte Gerichte bereithält. Verwurzelt in regionalen Zutaten entstehen so 115 Rezepte, die Neues wagen, mit Aromen und lokal erzeugten Produkten spielen, manchmal aber auch auf historisch gewachsene Gerichte verweisen.
Beispiele gefällig? Gebratene Steinpilze mit Ziegenkäsebruch, Karottencreme und Haselnüssen ist ein kulinarisches Gedicht, das dem huldigt, was das Piemont an Zutaten bietet. Oder das Filet vom Maialino Nero in Mandel-Pistazien-Kruste mit Manna-Harz, das es so nur auf Sizilien gibt. Regionenübergreifend in der Zutatenkombination ist dagegen das Törtchen aus dicker Tomaten-Brot-Suppe auf Burrata-Creme mit Salsa Verde aus der Toskana.
Rezepte für anspruchsvolle Hobby-Köche
Für die deutsche Leserschaft ist das Buch insofern gewöhnungsbedürftig, als dass viele der Rezepte ohne Abbildung auskommen. Für italienische Titel ist dies dagegen nicht ungewöhnlich. Es ist auch ein Zeichen dafür, dass sich das Buch trotz der vielen erzählenden Portraits nicht als Coffee-Table-Book versteht. Stattdessen möchte es anspruchsvollen Hobby-Köchen Inspiration liefern und die Rezepte mit Hintergrundwissen unterfüttern.
„La Cucina Italiana“ ist definitiv kein Kochbuch für den Alltag, sondern für das kleine Spektakel zu Hause. Wer Freunde oder den Partner mit einem besonderen Essen verwöhnen will, findet in diesem Kochbuch viel Anregung. Für den Aufwand, den die Gerichte erfordern, muss man jedoch brennen. Genauso wie die Gastronomen, die diese in ihren Osterien auf den Tisch bringen. Auch wenn zum Beispiel im piemonteser Restaurant „Reis“ in den Rezepten fermentiert, mazeriert oder flambiert wird, ist es weniger der Aufwand in der Küche, der die Umsetzung der Gerichte zur Herausforderung macht. Vielmehr ist es die Suche nach den regionalen Zutaten in der richtigen Qualität. Viele sind Slow-Food-Presidi, d.h. schützenswerte, lokale Produkte mit langer Tradition. Sie lassen sich nördlich der Alpen so gut wie gar nicht beschaffen und selbst innerhalb Italiens muss man hier und da auf Suche gehen.
Manch ein Rezept hält Alternativen parat, aber eben nicht alle. Und es stellt sich die Frage: Wenn ich die speziellen Zutaten ersetze, bewahrt das Gericht dann noch seinen Charakter, der ja von den regionalen Zutaten lebt? Eine Frage, über die bei Tisch gestritten werden darf. Am besten bei einem der vielen köstlichen Gerichte aus „La Cucina Italiana“.
Slow Food Editore
„La Cucina Italiana – die neue Landküche Italiens“
(Christian Verlag)
ISBN 978-3-95961-639-3, 384 Seiten, 39,99 €
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