Nachlässigkeit kann man Emiko Davies nicht vorwerfen. Schon mit ihrem ersten Kochbuch zur Toskana-Metropole Florenz bewies die Wahl-Italienerin Gespür für Detailtiefe. In „Südtoskana – Die echte Küche“ führt sie in knapp 80 Rezepten durch die Küche der Maremma. Nicht nur bei Toskana-Fans kommt da Heimweh auf!
„Südtoskana – Die echte Küche“ ist ein schweres Buch. Es ist nicht wahnsinnig dick, aber Emiko Davies hat ihr zweites Kochbuch mit so vielen Informationen gefüllt, dass es gefühlt doppelt so viel wiegt wie manch anderes Rezeptwerk zur italienischen Küche. Wie bei den Italienern üblich ist Kochen nicht nur Mittel zum Zweck, sondern hinter Zutaten, Zubereitungen und Gerichten verbergen sich Geschichten, Menschen und Traditionen. Sie füllen die Küche einer Region mit Leben und genau dieses versucht Emiko Davies in „Südtoskana – Die echte Küche“ festzuhalten. Die Rezepte, die sie recht übersichtlich in die Kapitel „Aus dem Wald“, „Aus dem Meer und der Lagune“, „Aus dem Gemüsetopf“, „Vom Bauernhof“ und „Süßes“ unterteilt, erzählen davon.
Im englischen Original erschien das Buch unter dem Titel „Acquacotta“ – eine toskanische Brotsuppe mit langer Tradition. Im Buch spielt sie jedoch eine untergeordnete Rolle, auch wenn Emiko Davies mehrere Varianten vorstellt. Nudelfans dagegen erhalten eine reiche Auswahl an Rezepten, von Pappardelle auf Wildpilzen, mit frischen Pilzen, Bergminze und Peperoncino verfeinert, über Bavette mit Wolfsbarschragout bis Strozzapreti mit falscher Soße. Es sind Nudelgerichte, die bodenständig sind, sich aber trotzdem vom Standardrezepten vieler Kochbücher abheben.
Schön ist auch, dass Emiko Davies ihre Rezepte gut strukturiert und die einzelnen Arbeitsschritte übersichtlich erklärt. So gelingen aufwendigere Gerichte wie das Wildschwein in Schokoladensoße oder die Pappardelle auf Hasenragout gut. Viele der Rezepte ergänzt die Autorin um Hintergrundinfos zur Herkunft der Gerichte, passende Beilagen oder Zubereitungstipps.
Wer gerne Zucchiniblüten isst, sollte auf jeden Fall einmal die Frittierten Robinienblüten versuchen. Sie schmecken mild-würzig, aber ‚blumiger‘ als Zucchiniblüten. Und wer von Blüten und Kräutern nicht genug bekommt, kann sich einen eigenen Lorbeer-Rosmarin-Likör aufsetzen.
Sehr lecker ist das Sardellen-Artischockengratin, das nicht nur Land und Meer verbindet, sondern im Handumdrehen zubereitet ist. Es stammt von der Insel Giglio (richtig, die mit der havarierten Costa Concordia) und ist eine echte Delikatesse. Spielend einfach zubereitet und mit den vielen Pilzen typisch toskanisch ist auch die in Papier gebackene Seebrasse mit Pilzen und ganz, ganz vielen Kräutern. Ein Gedicht!
Zum Nachtisch serviert Emiko Davies vor allem Gebäck: mit Alchermesguss bestrichene Kranzkekse, Rotweinkringel oder Jüdische Zimtkekse. Reichhaltiger dagegen ist das Feigen-Schokoladenbrot oder die Ricotta-Birnen-Tarte, die nicht nur im Herbst, sondern auch im Frühjahr schmeckt.
Die vielen abwechslungsreichen Rezepte machen „Südtoskana“ zu einem guten Kochbuch. Doch Emiko Davies will mehr: Mit den vielen Geschichten und Infos rund um die Region und ihren Sehenswürdigkeiten sowie Warenkunde-Unterkapiteln zu Pilzen oder Fischen erweitert sie es zu einem Lesebuch rund um die Maremma und ihren kulinarischen Traditionen. „Südtoskana“ ist ein Kochbuch mit echtem Mehrwert!
Emiko Davies
„Südtoskana – Die echte Küche“
(Hölker Verlag)
ISBN 978-3-88117-161-8, 272 Seiten, € 29,95
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