Wenn du Ruhe vor ausufernden Touristenströmen suchst und gleichzeitig authentische sizilianische Dörfer entdecken möchtest, bist du im Südwesten Siziliens goldrichtig. Zwischen Agrigent und Selinunt findest du nicht nur einsame Strände, sondern kleine Orte mit reizvollen historischen Zentren, die ihren ursprünglichen Charme bewahrt haben. In diesem Reisebericht nehme ich dich mit auf eine Tour durch Caltabellotta, Sciacca und Sambuca di Sicilia.

Caltabellotta – Aussichtsbalkon Südsiziliens
In Caltabellotta scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Archaisch und beeindruckend zugleich schmiegt sich das 3000-Seelen-Dorf in luftiger Höhe an eine karge Felskuppe. Tagsüber wirkt der der Ort wie ausgestorben. Niemand ist zu sehen. Nur drei alte Männer sitzen vor einer Bar an der zentralen Piazza auf unbequemen Alu-Stühlen und lassen die vormittäglichen Stunden stoisch an sich vorbeiziehen.

Der kleine Ort Caltabellotta thront knapp zehn Kilometer von der Südküste Siziliens entfernt auf 949 Metern über dem Meeresspiegel. Er ist ein Adlerhorst, zu dem man sich Kurve um Kurve in schwindelerregende Höhe hochschlängelt. Die mühsame Anfahrt belohnen grandiose Ausblicke auf das Meer und weit ins Hinterland hinein.

Mythen und Geschichte: Vom König Cocalo bis zu den Normannen
Bei Caltabellotta soll es sich um den mythischen Ort Camico handeln, an dem einst der sikanische König Cocalo residierte. Andere Historiker behaupten, dass es sich bei dem Städtchen um das antike Triocala handelt, das die Römer 99 v. Chr. dem Erdboden gleichmachten. Auf jeden Fall zeugen eine prähistorische Nekropole und in Felsen geschlagene punische Gräber in der Nähe der Kirche Santa Maria della Pietà davon, dass Caltabellotta schon seit Jahrtausenden besiedelt ist.

Der Name Caltabellotta hat dagegen arabische Wurzeln: „Qal’at-al-ballut“. Das bedeutet so viel wie Festung der Eichen. Der Landstrich war einst reich mit Bäumen bewachsen. Heute sind die Eichen längst weg. Auf der Spitze des einst waldreichen Berges errichteten die Normannen nach der arabischen Besatzung eine wuchtige Festung, von der nur noch Ruinen geblieben sind.

Der Frieden von Caltabellotta
Caltabellotta stand 1302 im Mittelpunkt eines bedeutenden historischen Ereignisses, das eine jahrelange Auseinandersetzung beendete. Nach dem Volksaufstand der Sizilianischen Vesper schlossen Friedrich II. und Karl II. von Anjou in dem abgelegenen Bergnest einen epochalen Friedensvertrag. Der Frieden von Caltabellotta teilte das Königreich Sizilien in zwei Herrschaftsgebiete: die Insel Sizilien (Trinacria) und das süditalienische Festland.

Hoch hinaus: Spaziergang durch das historische Zentrum
Um das wundervolle Panorama von Caltabellotta zu genießen, musst du durch das Centro Storico bis zur Spitze des Ortes gehen. Ein guter Ausgangspunkt für einen Spaziergang durch die engen Gassen ist die zentrale Piazza Umberto mit der Chiesa del Carmine und dem Rathaus. Von dort geht es bergauf am Stadt-Museum vorbei, in dem du eine Skulpturen-Ausstellung besuchen kannst.
Auf dem Weg nach oben kommst du auch an den Ruinen der Chiesa San Francesco vorbei. Die Kirche stammt aus der Zeit der Normannen. Viel ist nicht mehr davon übrig, aber das, was als Sehenswürdigkeit erhalten ist, hat verwunschenen Charme.
Wo die Blicke in die Ferne schweifen: der Aussichtsbalkon an der Chiesa Matrice
Von dort ist es nicht mehr weit bis zum Aussichtsbalkon von Caltabellotta. Am Ende der Via Matrice liegt mitten zwischen den kargen Kalksteinfelsen die alte, äußerst einfach gestaltete Chiesa Matrice. An ihrer Stelle stand einst eine Moschee, die Roger I. nach dem Sieg der Normannen im 12. Jahrhundert zu einer Kirche umbauen ließ. Daneben ragt ein quadratisch-funktionaler Glockenturm auf, den die Einwohner „Mortorio“ nennen.

Hinter der Mutterkirche setzt das große Staunen ein. Es erwartet dich ein einmaliger Panoramablick auf das sizilianische Hinterland. In der Ferne reihen sich die Spitzen der Monti Sicani zu einer geschwungenen Kette aneinander. Darunter reichen sich die Dörfer Burgio, Villafranca und Lucca Sicula die Hände. Rechts von der Kirche führt ein kleiner Weg am Felsen zu einem gemeißelten Altar, auf dem der Legende nach Opfer für den Gott Kronos gebracht wurden.
Jupiterfaust und die Porta del Paradiso

Zwischen den beiden rauen Bergspitzen rund um die Kirche erstreckt sich eine kleine Ebene. Im Spätsommer lassen sich Schafe vor einem prägnanten Felsvorsprung namens „Jupiterfaust“ die verbliebenen Grashalme schmecken. Die Jupiterfaust, die von unten nach oben in die Breite wächst, ermöglicht dir ebenfalls tolle Blicke aufs Hinterland.
Bei der kleinen San Salvatore-Kirche führt ein unscheinbarer Weg und eine Treppe hinauf zum Monte Castello, dessen höchste Stelle der Pizzo Kràtas ist. Reste der Burg sind dort noch zu erahnen, darunter Teile eines Turms. Nirgendwo sonst ist der Ausblick schöner – sofern man die steile Treppe mit bröckeligen Stufen an heißen Tagen erklimmen will.

Unterhalb der Bergspitze verläuft auf der Dorfseite ein schmaler Weg, der zu einem natürlichen Durchgang zwischen Nord- und Südhang des Felsen namens Porta del Paradiso führt. Der Durchgang, von den Bewohnern Lu Pirtusu genannt, liegt direkt an der Kirche della Pietà, die aus byzantinischer Zeit stammt. Sie besteht aus zwei Teilen: einem moderneren Vorbau und der alten, in den Felsen gehauenen Kirche.

Alle Wege führen zum Monastero San Pellegrino
Du kannst sowohl an der größeren Straße über die Nordseite oder einen schmalen gepflasterten Weg an der Südseite des Berges zum Monastero San Pellegrino spazieren. Das Kloster wurde in der Nähe von zwei Grotten erbaut, in denen der Bischof von Triocala einst als Eremit gehaust haben soll. Von dort hast du einen wundervollen Blick auf den ganzen Ort in Panoramalage. Direkt am Belvedere verkauft der kleine Kiosk „The Brothers“ erfrischende Getränke, die du auf einer der Bänke mit Götterblick aufs Meer genießen kannst.

Kulinarischer Tipp: Froscia
Froscia ist die sizilianische Variante der Frittata, für die Caltabellotta berühmt ist. Vor allem rund um Ostern kommt die herzhafte Eierspeise mit Mollica, Käse, gebratenem wilden Spargel und Melisse auf den Tisch. Man verspeist die Froscia sowohl zum Frühstück als auch zum Mittagessen.

Wenn du noch genug Kraft in den Beinen hast, lohnt sich noch ein kleiner Abstecher zu einer weiteren Sehenswürdigkeit: die Chiesa Sant’Agostino am östlichen Ende des Dorfes. In der Kirche aus dem 14. Jahrhundert erwarten dich Fresken mit alttestamentarischen Motiven. Weit über die Grenzen von Caltabellotta berühmt sind die acht bemalten Terrakotta-Figuren, die die Kreuzabnahme von Jesus zeigen. Die Figuren von Antonino Ferraro stammen aus dem Jahr 1552 und gelten als eine der kostbarsten Kirchenkunst in ganz Südsizilien.

Tipp: Parken in Caltabellotta
Wenn du den Ort erkunden willst, dann solltest du dein Auto am großen kostenfreien Parkplatz in der Via Triocola abstellen. Von dort erreichst du alle Sehenswürdigkeiten von Caltabellotta fußläufig. Geht es dir nur um die Aussicht, so kannst du auch bis zur alten Mutterkirche hochfahren und das Auto dort kurz parken.
Sambuca di Sicilia – das Dorf der Dörfer

Von Caltabellotta aus stürzen wir uns noch tiefer ins Hinterland. Sambuca di Sicilia ist unser Ziel, das als eines der schönsten Dörfer Italiens bekannt ist. Mehr noch: 2016 wurde es zum „borghi dei borghi“ – dem Dorf der Dörfer – gewählt. Über steile Serpentinen geht es hinab und hinauf, durch sonnengegerbte Felder und ausgedehnte Olivenhaine, vorbei am schnuckeligen Ort Giuliana. Knapp 35 Kilometer sind es, die sich aber auf eine Fahrtzeit von über 50 Minuten summieren.

Sambuca di Sicilia liegt landschaftlich eindrucksvoll auf einem Hügel im Belice-Tal. Genau in der Mitte zwischen dem Monte Genuardo und dem See Lago Arancio, in dessen Nähe der Qualitätswein Sambuca di Sicilia DOC angebaut wird. Das Dorf hat arabische Wurzeln, die bis heute noch sichtbar sind.
Vom arabischen Al-Zabut zum sizilianischen Sambuca
Der sarazenische Emir Al-Zabut soll das Dorf um 827 nach Christus gegründet haben. Vier Jahrhunderte stand der Ort, damals noch unter dem Namen Rahl Zabù, unter arabischer Herrschaft und hatte bis 1225 eine muslimische Bevölkerung. Die verwinkelte Städtebauweise der Sarazenen ist im historischen Zentrum noch heute erkennbar. Ab dem 16. Jahrhundert wuchs der Ort in deutlich symmetrischer Struktur. Vor allem entlang des Corso Umberto I entstanden viele herrschaftliche Palazzi und Kirchen. Der arabische Name blieb. Über Jahrhunderte trug Sambuca seinen historischen Namen Zabut. Mussolinis Italianisierung im Faschismus bereitete dem ein Ende. Das Dorf wurde 1928 in Sambuca in Sicilia umbenannt.

Ein süßer Auftakt
Als wir in Sambuca ankommen, sind wie überall zur Mittagszeit in Italien sämtliche Schotten dicht. Einzig eine Bar und die Pasticceria Gulotta am Fuße des Corso Umberto I haben noch geöffnet. Das ist die Hauptsache, denn eine der bekanntesten kulinarischen Spezialitäten des Dorfs ist eine Süßspeise. Und die findest du bekanntlich in Konditoreien.

Kulinarischer Tipp: Minna di Virgini
Die Nonnen des Collegio di Maria sollen ein Gebäck erfunden haben, das heute unter dem Namen „Minna di Virgini“ bzw. Jungfrauenbrust bekannt ist. Im Jahr 1725 sollen sie die Süßigkeit zur Hochzeit des Barons Don Pietro Beccadelli und seiner Angetrauten Marianna Gravina serviert haben. Das runde Törtchen in Form einer Frauenbrust ist mit Sahne, kandierten Früchten und Schokotropfen gefüllt. Eine echte Delikatesse, die in Form eines Cassata-Törtchens und mit anderer Legende auf Sizilien gegessen wird. Auch in Apulien ist rund um Altamura eine ähnliche Süßigkeit als „Tette di Monache“ bekannt.
Spaziergang entlang des Corso Umberto I
Einen Spaziergang durch Sambuca di Sicilia beginnst du am besten an der Villa Comunale am Fuß des Corso Umberto I. Der Corso durchschneidet das Dorf schnurgerade auf einer Länge von 1000 Metern und führt dich an den meisten Sehenswürdigkeiten vorbei. Er endet an der Terrazza Belvedere, wo dich eine fantastische Aussicht ins Umland von Sambuca erwartet.

Entlang des Corsos reihen sich gleich mehrere Kirchen und Palazzi aneinander, darunter die Chiesa di San Giuseppe mit einem Portal im arabisch-normannischen Stil und der Torre dell’Orologio aus dem Jahr 1537. Viele Jahre stand die Zeit am Uhrenturm im wahrsten Sinne des Wortes still. 2023 wurde die Uhr restauriert und wieder zum Leben erweckt.
My Big Italian Adventure: Häuser zum Spottpreis
Wie die Uhr, so auch das Dorf. Sambuca litt lange unter Bevölkerungsschwund. Wie in anderen sizilianischen Dörfern verkaufte der Bürgermeister in einer großen Aktion alte Häuser zu einem symbolischen Preis von 1 Euro. Die Aktion trug Früchte und der Ort bekam neue Einwohner. So kaufte unter anderem die amerikanische Schauspielerin Lorraine Bracco („Goodfellas“) ein Haus und vermarktete die Renovierung gleich in der Reality-Soap „My Big Italian Adventure“
Florentinische Renaissance im Hinterland Siziliens
Wahrlich monumental ist der Palazzo Ciaccio mit seiner warmgelben Sandsteinfassade. Er wurde Ende des 19. Jahrhunderts im Stil der florentinischen Renaissancepaläste erbaut und ist einer der am besten erhaltenen Paläste in Sambuca. Wie der Palazzo so ist auch die Chiesa del Carmine direkt gegenüber prächtig herausgeputzt. Die ursprüngliche Fassade der Kirche aus dem Jahr 1530 wurde 1915 abgerissen und nach einem Entwurf des Architekten Bilà neoklassizistisch runderneuert.

Erst am Palazzo dell’Arpa betrittst du wirklich das Centro Storico. An der Piazza Navarro direkt hinter dem Eingang liegt das Geburtshaus von Sambucas berühmtesten Sohn – dem Schriftsteller Emanuele Navarro della Miraglia. Ins Auge fällt aber weniger das unscheinbare Haus als eine strahlend helle Sehenswürdigkeit: das alte Portal der Kirche San Giorgio, die an dem Platz einst stand. Der Sakralbau zu Ehren des Schutzpatrons der Stadt verband Elemente aus dem alten arabischen Stadtschloss mit einem christlichen Bau. Im 20. Jahrhundert wurde die Kirche abgerissen, nachdem sie zunehmend zu verfallen begann.
Quartiere Arabo: historisches Herz zwischen Street-Art und Gespenstern
Den größten Teil der Altstadt nimmt das alte Quartiere Arabo ein, das die Sambucesi auch Setti Vaneddi nennen. Es ist ein ungeordnetes, labyrinthartiges Gewirr aus sieben engen Gassen mit kleinen Häusern und rund 200 Höfen. Du betrittst es durch einen Torbogen mit einer Wandmalerei, die den Kampf von San Giorgio gegen den Drachen zeigt. Er ist eine Allegorie auf die Geschichte des Ortes und den Sieg des normannischen Christentums über die Sarazenen.
Ein Spaziergang durch das Quartiere Arabo ist eine wahre Freude – nicht nur wegen des ursprünglichen und zauberhaften Charakters des Viertels. Das alte Sarazenen-Viertel ist eine einzige große Sehenswürdigkeit. Die Gassen und Häuschen sind überall verziert mit Murales, Street Art und mit Kacheln geschmückten Treppen. Ein wirklich großartiger Ort! Nur aufgepasst in der Via Fantasma – dort sollen Geister arabischer Krieger spuken.
Am Ende des arabischen Viertels liegt die Mutterkirche Santa Barbara, die teils auf dem Boden der alten Sarazenenburg erbaut wurde. Die Kirche, die in den 1960ern bei einem Erdbeben stark beschädigt wurde, ist ein einziger Flickenteppich an Architektur-Stilen. Vor allem bei den beiden Eingangsportalen kannst du erkennen, dass diese aus verschiedenen Jahrhunderten stammen.

Terrazza Belvedere: Blicke aufs Belice-Tal
Am Ende des Ortes erwartet dich schließlich die Terrazza Belvedere, die du über eine breite Freitreppe erreichst. Wo einst das Castello stand, schlägt im Sommer das kulturelle und musikalische Herz von Sambuca di Sicilia. Allein visuell beeindruckt der Platz – es ist ein Aussichtsbalkon mit unschlagbarem Panorama und Blick auf den Monte delle Rose und die Monti Sicani. An heißen Tagen wünscht man sich einen Sonnenschutz an dem Aussichtspunkt. Aber an keinem Ort des Dorfs kannst du so gut die Seele baumeln lassen wie an der Terrazza Belvedere.
Tipp: Parken in Sambuca di Sicilia
Einen Parkplatz in Sambuca di Sicilia zu finden, ist nicht schwer. Am besten parkst du dein Auto direkt zu Beginn des Corso Umberto I. Dort findest du rund um die Villa Comunale sowohl kostenfreie (weiß markiert) und kostenpflichtige (blau) Parkmöglichkeiten.
Sciacca – Küstenstadt mit Tradition

Vom römischen Kurort zur quirligen Küstenstadt
Zwei sehenswerte, aber wenig bekannte Borghi im Hinterland hast du besucht. Jetzt steht dir wieder Sinn nach Meeresduft und Küstenflair? Dann ist Sciacca der richtige Ort. Eine knappe halbe Stunde südlich von Sambuca di Sicilia lädt Sciacca dazu ein, am Strand die Füße hochzulegen oder die maritime Altstadt zu besuchen.
Sciacca ist die Wellness-Oase in Südsizilien. Schon die Griechen und Römer vergnügten sich in den Thermalbädern des kleinen Städtchens. Heute sind es vor allem die pittoreske Altstadt und das nahe Meer, die die Touristen nach Sciacca locken. Mit seinen knapp 40.000 Einwohnern hat die Stadt genau die richtige Größe und bietet auch für einen längeren Aufenthalt genug Abwechslung.
Sciaccas blutiges Erbe
Der Name Sciacca leitet sich vom arabischen „As-shaqqah“ ab, was so viel wie Kluft heißt. Man vermutet, dass sich der Name auf Spalten im Boden bezieht, aus denen heiße Schwefeldämpfe austraten. Die Araber sorgten dafür, dass Sciacca eine Burg erhielt, die die Normannen später ausbauten. Danach ging es jedoch mit dem Städtchen nach und nach bergab. Trauriger Höhepunkt des Verfalls war eine blutige Fehde zwischen den Familien Luna und Perollo. Die beiden Adelsclans aus Caltabellotta lieferten sich im späten Mittelalter einen unbarmherzigen Kampf um Macht und Einfluss.

Ende des 19. Jahrhunderts gab es endlich wieder einen Lichtblick. Im Meer vor der Stadt wurde ein Korallenriff entdeckt. Sciacca gewann als wichtiger Rohstofflieferant für sizilianischen Schmuck wieder an Bedeutung. Im letzten Jahrhundert baute man die Thermalquellen aus, die bis heute zahlreiche Besucher anziehen. Allerdings nicht so viel, wie man noch in den Achtzigern beabsichtigte. Pläne, Sciacca zum Tourismusmagneten auszubauen, scheiterten. Glücklicherweise, muss man sagen, denn dadurch konnte der Küstenort viel von seinem ursprünglichen Charme bewahren.
Sehenswertes in Sciacca: von der Piazza Scandalito zum Keramik-Shoppen
Deinen Rundgang durch das Centro Storico kannst du an der Piazza Scandaliato mit einer kleinen Geschichtsstunde beginnen. Eine Tafel an dem weitläufigen Platz klärt über die verschiedenen Adelsfamilien der Stadt und ihre Wappen auf. Oder du genießt einfach nur den umwerfenden Blick auf den Hafen und das Meer, den dir die Piazza bietet.

Über den Corso Vittorio Emanuele, der an Sommerabenden zur Flaniermeile wird, erreichst du nach wenigen Metern die Piazza Duomo mit der Chiesa Madre. Die Basilica della Madonna del Soccorso hat normannische Wurzeln, doch die aktuelle Fassade stammt erst aus dem 17. Jahrhundert. Sie ist eine wilde Mischung aus Barock- und Renaissance-Elementen, die sich nicht wirklich miteinander vertragen. Hinzu kommt, dass sie unvollendet geblieben ist, was ihr irritierendes Äußeres noch unterstreicht.
Vom Dom zum Cortile Carini
Rund um den Dom findest du viele Gelegenheiten, um sizilianische Keramik zu kaufen. Kleine Boutiquen lassen Shopping-Herzen höherschlagen. Wenn du weiter über den Corso spazierst, kannst du entlang der Straße alte Palazzi bewundern. Darunter den wunderschönen Palazzo Tagliavia aus dem 15. Jahrhundert, der im 19. Jahrhundert restauriert und umgestaltet wurde.

Direkt neben dem Palazzo liegt der Cortile Carini. Der hübsche Innenhof ist ein kleines Gesamtkunstwerk. Treppe, Häuser und Innenhof wurden vom Künstler Giulio Lorubbio alias Lulò mit bunten Steinen, Keramik und Skulpturen verziert. Noch mehr Keramik gibt es einige Meter weiter in der Via Licata, wo ein mit bunten sizilianischen Vasen geschmückter Weg zu den Sehenswürdigkeiten der oberen Altstadt führt.
Über die Salita della Ceramica zum Castello Luna
Direkt nach der Salita della Ceramica erreichst du die Reste des Castello Luna, das zwischen 1393 und 1398 erbaut wurde. Einzig ein Turm und ein paar Mauern sind davon heute noch erhalten. Dafür gibt es rund um die Piazza Noceto im oberen Teil der Altstadt jede Menge Sakralbauten zu bestaunen. Die Piazza liegt direkt an der Porta San Calogero und wird leider durch die vielen parkenden Autos verschandelt. Gleich drei Kirchen kannst du besichtigen – sofern sie geöffnet sind: Santa Maria Del Giglio, Santa Maria dell’Itria und die Chiesa San Michele Arcangelo.

Kulinarischer Tipp: Cucchitelle
Eine lokale Spezialität in Sciacca sind die Cucchitelle. Das kleine Mandelgebäck erinnert an einen halben Löffel (cucchiaio), der ihm auch den Namen gibt. Wie so oft: Nonnen des Klosters Santa Maria di Itria sollen die Süßigkeit 1380 in Sciacca erfunden haben. Die kleinen Kekse werden mit kandierten Kürbissen gefüllt und mit Zucker glasiert. Unbedingt probieren!
Palazzo Steripinto: katalanisches Juwel in Sciacca
Weitere herrschaftliche Palazzi entdeckst du weiter unten in der Altstadt. Vor allem in der Shopping-Meile Via Licata reihen sich die historischen Gebäude bis zur Porta Palermo aneinander. Auch am Corso Vittorio Emanuele findest du noch einen ganz besonderen Herrschaftspalast, der in der Bauweise einzigartig ist. Die Fassade des 1501 erbauten Palazzo Steripinto ist im katalanischen Stil mit quaderförmigen Steinen verziert.

Nach deiner Sightseeing-Tour kannst du in einem der vielen Cafés am Corso Vittorio Emanuele ausspannen. Oder du legst dich direkt an einen der schönen Strände rund um Sciacca. Vor allem der Spiaggia Tonnara hat traumhaft klares Wasser. Der perfekte Ort nach einem Besuch in den drei schönsten Orten im Südwesten von Sizilien.
Tipp: Parken in Sciacca
Zwei Parkplätze bieten sich für einen Besuch in der Altstadt an: an der Piazza Mariano Rossi parkst du superzentral, allerdings kostenpflichtig. Gratis-Parkplätze findest du an der Piazzale Angelo Abisso. Er liegt unterhalb des Parco delle Terme mit seiner Villa im Liberty Stil.
Ausflug-Tipp: Castello Incantato
Vier Kilometer östlich von Sciacca liegt ein besonders verwunschener Ort. Das Castello Incantato des Künstlers Filippo Bentivegna. Das Grundstück rund um sein Haus ist übersät mit in Stein gemeißelten Köpfen, einige davon sind auch in Olivenholz geschnitzt. Bentivegna wurde1888 in Sciacca geboren. Sein Vater war Fischer, seine Mutter Hausfrau. 1913 wanderte er in die Vereinigten Staaten aus, erlitt dort aber eine Kopfverletzung und wurde arbeitsunfähig 1919 wieder zurück nach Italien geschickt. Dort galt er als Deserteur, weshalb man ihn ins Gefängnis steckte. Eine psychiatrische Untersuchung ergab, dass er wegen seiner Kopfverletzung geisteskrank war. In seinem Haus bemalte „Filippo delle teste“ nicht nur die Wände, sondern formte fast 50 Jahre lang die Köpfe, die heute im Castello Incantato zu sehen sind.













































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