Kaum einer Reise habe ich so entgegengefiebert wie meinem ersten Besuch in Matera. Die archaisch anmutende Höhlenstadt in der Basilikata fasziniert mich seit Jahren. Immer wieder bin ich den Sassi di Matera als Filmkulisse im Kino begegnet. Bilder der sehenswerten Stadt haben mich magisch angezogen. Matera sei keine Stadt voller Sehenswürdigkeiten, sondern eine einzige große Sehenswürdigkeit, heißt es. Weltweit einmalig und unglaublich alt. Und es stimmt: einmal Matera, immer Matera.
Seit meinem ersten Besuch bin ich mittlerweile mehrfach in die schönste Stadt der Basilicata zurückgekehrt. Die einzigartige Atmosphäre, die vielen tollen Restaurants und die spektakuläre Landschaft machen Matera zu einem Reiseziel, an dem man sich nicht sattsehen kann. Auch wenn seit 2019, als Matera Kulturhauptstadt Europas war, zahlreiche Touristen den Weg in die Città dei Sassi gefunden haben, zählt Matera verglichen mit den überlaufenen Destinationen im Norden des Landes immer noch zu den weniger bekannten Reisezielen Italiens.
Matera lässt sich per Flugzeug am besten von Bari aus erreichen. Eine knappe Stunde Autofahrt in Richtung der karstigen Hochebene der Murgia, vorbei an der sehenswerten Brotstadt Altamura. Dank eines Tipps unserer Vermieterin haben wir in Matera schnell einen Parkplatz gefunden. Nur wenig später beziehen wir unsere Unterkunft: eine ehemalige Höhlenwohnung im Sasso Caveoso. Superzentral und gemütlich – ein Volltreffer.
Matera – von der nationalen Schande zur Kulturhauptstadt Europas
Matera ist eine der ältesten Siedlungen der Welt. Schon in der Jungsteinzeit lebten Menschen in dieser Gegend. Majestätisch und dicht an dicht klebt die Stadt am Hang einer tiefen Schlucht, auf deren Grund sich ein kleiner Fluss zwischen dem steinigen Boden schlängelt. Die beiden kahlen Hänge wirken wie ein Schweizer Käse. Einst suchten die Menschen hier Unterschlupf, indem sie Höhlen in den weichen Kalkstein gruben. Später setzten sie gemauerte Fassaden vor die Eingänge. Auf diese Weise entstanden die beiden Höhlenviertel Sasso Caveoso und Sasso Barisano. Es ist ein atemberaubender Anblick, wie die sandfarbene Stadt mit dem Felsen verwachsen ist.
In den 1950ern, lange bevor Matera 2019 Kulturhauptstadt Italiens wurde, galten die Sassi di Matera als „Schande Italiens“. Die Bauern wohnten zusammen mit ihrem Vieh in ärmlichen Verhältnissen und auf engstem Raum in den feuchten Höhlen entlang der steilen Schlucht. Es gab keinen Strom, kein fließendes Wasser. Malaria plagte die Menschen. So wurden die ockerfarbenen Kalksteinhänge mit den archaischen Höhlenwohnungen zum Symbol der Armut und angebliche Rückständigkeit Süditaliens. Der Schriftsteller und Maler Carlo Levi beschrieb Matera in seinem Roman „Christus kam nur bis Eboli“ als „tragische Schönheit“.
Seine Schilderungen weckten die Politiker auf, die die Bewohner in den 1960er-Jahren in kasernenartige Häuser am Rande Materas umsiedelten. Oft aber zum Leidwesen der Menschen, die ihre Behausungen nicht verlassen wollten. Die Sassi verfielen danach, bevor sie seit den Neunzigern wiederentdeckt und nach und nach restauriert wurden. Schließlich wurden sie 1993 zum UNESCO-Welterbe der Menschheit ernannt.
Seitdem hat sich Matera zu einer berauschenden Sehenswürdigkeit gemausert. Die Höhlen der Sassi beherbergen heute oft Museen, Kulturzentren, Restaurants oder Übernachtungsmöglichkeiten. Und natürlich zahlreiche versteckte wie faszinierende Felsenkirchen. Die Bekanntheit und Renaissance Materas erreichte mit der Kür zur Kulturhauptstadt 2019 einen vorläufigen Höhepunkt. Trotzdem ist die süditalienische Stadt von Touristen glücklicherweise noch nicht überlaufen.
Wie viele Tage du brauchst, um die Sehenswürdigkeiten von Matera zu erkunden
Für deinen Besuch in Matera solltest du mindestens zwei oder drei Tage einplanen. Wenn du noch Ausflüge in die Umgebung unternehmen möchtest, hänge am besten noch ein paar zusätzliche Tage dran. Dann hast du genug Zeit, um die Stadt und ihre vielen Sehenswürdigkeiten kennenzulernen, eine kleine Wanderung durch die Schlucht zu machen und den Natur- und Skulpturenpark auf der anderen Seite des Canyons zu entdecken. Von dort hast du auch eine fantastische Aussicht auf Matera in seiner ganzen Schönheit. Im Hochsommer kann es in Matera knackig heiß werden, wenn die Sonne die Stadt in gleißend helles Licht taucht. Da Matera aber im Landesinneren liegt, ist die Hitze meist sehr trocken und dadurch erträglicher. Wenn du rund um Matera Wanderungen unternehmen willst, ist der Zeitraum zwischen April und Juni sowie September und Oktober die beste Reisezeit für dich.
Ein weiterer Grund, Matera nicht nur für einen Tagesausflug zu besuchen, ist die unglaubliche Schönheit und Anmut der Stadt bei Nacht. Wenn die Sonne untergegangen ist, verwandelt sich die Höhlenstadt in ein faszinierendes, archaisches Lichtermeer. Die Straßenlaternen tauchen die Gassen der Sassi in ein warmes, gelb-orangenes Licht mit einer traumhaften Atmosphäre. Dann lohnt sich nicht nur ein Spaziergang durch die Sassi, auch entlag der Schlucht entfaltet sich magischer Flair. Wenn du den vollen Überblick haben möchtest, kannst du den Blick auf das nächtliche beleuchtete Matera von einem der Aussichtspunkte am Dom, der Piazza Vittorio Veneto oder der Piazzetta Pascoli genießen.
Eine Stadt als einzigartige Sehenswürdigkeit – Spaziergang durch die Sassi von Matera
Sassi bedeutet nichts anderes als „Steine“. Den Kern von Matera bilden die zwei Viertel Sasso Caveoso im Süden der Stadt und Sasso Barisano im Norden. Seit dem 13. Jahrhundert verwandelten sich die Sassi in ein Wohngebiet. Oberhalb von ihnen liegt auf einer Ebene die höher gelegene Neustadt. Sie ist zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert entstanden.
Auch wenn dieser Reisebericht wie ein großer Rundgang durch Matera wirkt, haben wir die Stadt der Sassi in mehreren Etappen erkundet. Es ist nicht immer einfach, einen Überblick über die Sassi zu behalten. Wie in einem Labyrinth führen kurvige Wege über glattpolierte Steine und endlose Treppen hinauf und hinab. Mal endet ein Weg in einer Sackgasse, mal hast du das Gefühl, im Kreis gelaufen zu sein. Doch genau das macht den Reiz von Matera aus und wenn du viel Zeit hat, kannst du dich einfach durch die Stadt treiben lassen. Mittlerweile waren wir so oft in Matera, dass wir zielsicher durch das Labyrinth der Gassen navigieren.
Im Herzen der Neustadt: Sehenswertes an der Piazza Veneto
Ein guter Ausgangspunkt für einen Rundgang durch Matera ist die weitläufige Piazza Vittorio Veneto in der Neustadt. Der Platz ist das Tor zur Stadt und ein beliebter Treffpunkt für Materani und Touristen. Der mondäne Palazzo dell’Annunziata dominiert die Piazza, an der sich gleich mehrere Sehenswürdigkeiten aneinanderreihen. Ebenfalls nicht zu übersehen ist die Chiesa di San Domenico im apulisch-romanischen Stil. Sie ist eine der ältesten Kirchen der Stadt und wurde um 1230 erbaut. Das angeschlossene Dominikanerkloster galt im 17. Jahrhundert als eines der wichtigsten der Terra d’Otranto.
Ihr gegenüber liegt ein winziges Kleinod in ungewöhnlicher Architektur: die Chiesa Materdomini. Der damalige Kommandant der Malteserritter ließ sie 1680 in Matera errichten. Mit ihrem offenen Glockenturm und der mittelalterlich-orientalisch angehauchten Architektur ist sie einer der Hingucker auf der Piazza. Direkt neben der Kirche befindet sich einer der Aussichtsbalkone von Matera. Dort hast du einen wundervollen Blick auf den Sasso Barisano.
Kulinarischer Tipp: Osteria Pico
Hochzufrieden und pappsatt haben wir jedes Mal die Osteria Pico verlassen. Das Restaurant im Kellergeschoss eines unscheinbaren Hauses serviert bodenständige Gerichte mit lukanischen Zutaten. Empfehlenswert ist das Antipasto della Casa – ein richtiger Ritt durch die Küche der Basilikata. Mit dabei: Panzanella di Pane di Matera, Peperoni cruschi, Salsiccia sbriciolata, lokale Käse- und Wurstsorten, Kichererbsen mit angerösteten Zwiebeln, eine Suppe mit Saubohnen und Chicorée und Brot-Fleischbällchen. Eigentlich waren wir danach schon gut gefüllt. Wir hatten aber on top noch Cavatelli mit Kräuterseitlingen, Tomate und Salsiccia, Baccalà und zwei Hauptgerichte. Zum Glück gibt es für den Nachtisch einen Extramagen und so fand eine Ricotta-Mousse mit Amaretti und Pfirsich (ein echtes Gedicht!) auch noch Platz. Noch ein Minzblättchen dazu und wir wären geplatzt. Du siehst: die Portionen sind groß und mindestens genauso lecker. Die Osteria Pico ist definitiv einen Besuch wert.
Osteria Pico, Via Fiorentini 42, Matera
Abtauchen: der alte Wasserspeicher Palombaro Lungo
In der Mitte der Piazza Vittorio Veneto befindet sich der Palombaro Lungo. Es ist der größte von insgesamt fünf unterirdischen Wasserspeichern in Matera mit einer Kapazität von fünf Millionen Litern. Man hat die 15 Meter tiefe Zisterne im 16. Jahrhundert angelegt und bis Anfang 1900 genutzt. Danach geriet sie bei den Materanern in Vergessenheit, bis man sie vor einigen Jahren wiederentdeckte. Auf dem Boden fanden sich zahlreiche Zeugnisse der Vergangenheit wie Taschenuhren, Broschen und Geldstücke. Heute kannst du die „Kathedrale des Wassers“ besichtigen – ein Abstecher, der sich wegen der besonderen Atmosphäre lohnt und im Hochsommer rare Momente der Abkühlung verspricht. Eine weitere Zisterne kannst du im Sasso Caveoso besuchen.
Kulinarischer Tipp: Ohimè
Eine der ungewöhnlichsten kulinarischen Adressen in Matera ist das Ohimè – eine Salento-Enklave mitten in der Basilicata. Die sympathischen und superfreundlichen Leccesen servieren in der Neustadt Street Food aus Apulien und das auf hohem Niveau. Probieren solltest du nicht nur die Degustation vom Fisch, sondern in jedem Fall die salentinische Spezialität Puccia, eine Brottasche mit unterschiedlichsten Füllungen. Als Nachtisch gibt es einen weiteren Klassiker: ein Pasticciotto crema e amarena. Außerdem solltest du unbedingt eine der salentinischen Biersorten bestellen. Ich bin normalerweise Weintrinker, aber das Beggia-Bier war einfach nur fantastisch.
Ohimè, Via T. Stigliani 82, Matera
Von der Piazza Veneto geht es weiter durch die Via San Biagio, wo du in zahlreichen Bars eine Pause einlegen kannst. Recht schnell stößt du auf eine gemütliche Piazza, an der die recht karge Kirche San Giovanni Battista zur Besichtigung einlädt. Von der Via San Biagio zweigt zudem eine kleine Unterführung ab. Sie ist leicht zu übersehen, aber ein perfektes Tor, um dich in das Labyrinth des Sasso Barisano zu stürzen.
Also nichts wie hinein!
Casa Cava
Vorbei an ockerfarbenen Häuschen über graue Pflastergassen erreichst du ostwärts eine besondere Höhle in den Sassi – die wirklich eindrucksvolle Casa Cava. Sie wird heute als Konzertsaal mit viel Atmosphäre und einzigartiger Akustik genutzt. Ursprünglich stammt die riesengroße, von Hand gegrabene Höhle aus dem späten Mittelalter. Man vermutet, dass sie bis ins 17. Jahrhundert als Vorratshöhle diente. Danach verkam sie zur Müllhalde und geriet in Vergessenheit, bis man sie Anfang des Jahrtausends wiederentdeckte. Eine Gruppe engagierter Materani befreite sie zwischen 2007 und 2011 vom Schutt. Ein Konzert in der Casa Cava ist ein einmaliges Erlebnis. Aber du kannst sie auch tagsüber besichtigen. Vom Obergeschoss aus hast du zudem einen tollen Blick auf das Höhlenviertel.
Kulinarischer Tipp: Le Bubbole
Im gehobenen kulinarischen Sektor hat Matera ebenfalls einiges zu bieten, darunter auch ein Sternerestaurant. Das Le Bubbole im Palazzo Gattini in der Nähe des Doms hat sich zwar noch keinen Stern erkocht, doch die fantastische Küche bewegt sich nah an der Michelin-Auszeichung. Erfreulicherweise ist der Umgang nicht stocksteif und die Portionen musst du auch nicht mit der Lupe suchen, was in teureren Restaurants schon mal ein Pluspunkt ist. Die Küche basiert auf lukanischen Zutaten und Gerichten, die innovativ und kreativ neu interpretiert werden.
Die Speisekarte wechselt mehrmals im Jahr, wodurch kein Besuch dem anderen gleicht. Wenn du das Wolfsbarsch-Filet an Fenchelcreme und Gemüse oder das Dolce aus karamellisiertem Pane di Matera mit Feigeneis auf der Karte findest, dann sind diese Gerichte mein Tipp für deinen Besuch im Le Bubbole. Auch die Weinkarte kann sich sehen lassen. Wir haben eine Flasche Chronos, ein orangefarben gekelterter Malvasia, getrunken und dabei die Aussicht von der Terrasse des Restaurants genossen, die einen stimmungsvollen Ausblick auf die abendlich beleuchteten Sassi bietet.
Le Bubbole, Via S. Potito 57 B, Matera
Chiesa Rupestre San Pietro Barisano
Nur wenige Meter weiter empfängt dich die Höhlenkirche San Pietro Barisano. Am besten kaufst du dir gleich das Kombi-Ticket für die drei schönsten Höhlenkirchen San Pietro, Santa Lucia alle Malve und Madonna de Idris.
Ursprünglich gruben basilianische Mönche Höhlen in den weichen Kalkstein und richteten darin Kirchen ein. Über 150 dieser Höhlenkirchen gibt es in Matera und rund um die Stadt. San Pietro Barisano ist die größte Chiesa Rupestre. Sie stammt etwa aus dem 12./13. Jahrhundert. Die Fassade und der Kirchturm wurden erst 1755 hinzugefügt. Faszinierend sind die jahrhundertealten und faszinierenden Fresken, die du in der Kirche besichtigen kannst. Leider wurden viele davon gestohlen oder beschädigt, nachdem die Sassi ab den 1960ern sich selbst überlassen blieben.
Gruseliger und ganz schön ekelig ging es früher im klaustrophobisch engen unterirdischen Bereich der Kirche zu. Dort gab es Nischen im Tuffstein, in die man Priester nach ihrem Tod setzte, um die Leichname zu „entsaften“. Über Monate verwesten diese dort vor sich hin, bis sie auf natürliche Weise mumifizierten. Erst dann wurden sie aus den Nischen wieder entfernt und richtig bestattet. Der Gestank in der Kirche muss jedenfalls bestialisch gewesen sein. Heute jagt einem nur noch die Erinnerung daran einen Schauer über den Rücken.
Der Cucù von Matera
Eine weitere bekannte Tradition aus Matera ist der Cucù – eine kleine Terracotta-Pfeife in Form eines Vogels. Bei Touristen ist der Cucù ein beliebtes Souvenir. Bläst du in die weiß grundierte und in bunten Streifen bemalte Tonpfeife, so gibt die ein flötendes „Kuckuck“ von sich. Die Pfeife blickt auf eine lange Geschichte zurück. Sie soll nicht nur böse Geister abwehren, sondern gilt als ein Symbol für Stärke und Männlichkeit. Junge Männer schenkten ihrer Angebeteten einen Cucù, um ihnen damit ihre Liebe zu zeigen (und ihre Potenz). Je größer und schöner die Pfeife gestaltet war, umso besser. Lehnte die Frau das Geschenk aber ab, war für den Mann klar: hier musste er sich nicht weiter um sie bemühen.
Sant’Agostino und ein Blick für die Götter
Von San Pietro Barisano gelangst du in Richtung Norden zum Kloster Sant’Agostino. Der Konvent bietet bis auf ein paar schöne Fresken eher wenig Sehenswertes. Der Spaziergang dorthin lohnt sich trotzdem. Schließlich liegt am Kloster einer der schönsten Fotospots der Stadt. Die Aussicht von hier auf Matera, besonders auf den Ortsteil Civita, ist gigantisch – bei Tag und bei Nacht.
Vom Kloster gehst du über die Via d’Addozio wieder Richtung Süden. Wenn du am Ende der Straße rechts in die Via Fiorentino abbiegst, stehst du wenige Schritte später vor drei weiteren Sehenswürdigkeiten, die dir tiefen Einblick in das Leben in Matera und die Kultur der Basilikata geben.
Ein Blick in die Vergangenheit: Höhlenwohnungen und das schönste Museum in Matera
Was auf den ersten Blick wie ein weiterer Souvenirladen ausschaut, ist in Wahrheit eine Dauerausstellung. In seinem Geschäft „I Sassi in Miniatura“ hat der Künstler Eustachio Rizzi die Schluchtenstadt der 1950er im kleinen Maßstab aus Tuffstein nachgebaut. Direkt gegenüber kannst du die Casa Grotta „C’era una volta“ besichtigen. Dort hat Rizzi eine typische Höhlenwohnung eingerichtet, in der du nachempfinden kannst, wie sich das Leben einst in den Sassi di Matera abgespielt hat.
Über die gesamte Altstadt findest du immer wieder solche Höhlenwohnungen, die du gegen ein kleines Eintrittsgeld besuchen kannst. Darunter die Casa Grotta (auf der Rückseite unterhalb der Kirche Madonna de Idris), die Casa Grotta di Vico Solitario oder Casa Grotta del Casalnuovo. Die Besichtigung von mindestens einer dieser engen Behausungen gehört zum Pflichtprogramm an Sehenswürdigkeiten für alle Touristen in Matera.
Noch mehr über die lukanische Lebensweise und die Kultur der Basilikata erfährst du im Museo Laboratorio della Civiltà Contadina – ein echter Geheimtipp, der oft übersehen wird. Das ethnografische Museum liegt etwas versteckt in einer Nebenstraße (Via S. Giovanni Vecchio 60). Auf 500 Quadratmetern kannst du tief eintauchen in die bäuerliche Kultur Lukaniens. Vom Alltagsleben in Süditalien über die berüchtigten Briganten oder mittlerweile ausgestorbene Handwerke und Berufe gibt es in dem vom Schriftsteller Donato Cascione gegründete Museum viel zu entdecken. Besonders kurios und faszinierend ist die Abteilung über die „unsichtbaren Berufe“ wie Trauerfrauen bei Begräbnissen, Hexen oder Heilerinnen.
Spaziergang durch die Sassi – von Barisano nach Caveoso
Über die Via Madonna delle Virtù kannst du entlang der Gravina vom Sasso Barisano ins Sasso Caveoso spazieren. Die Straße bietet prächtige Ausblicke auf den felsigen Canyon. Auf dem Weg lohnt sich ein Abstecher in die sehenswerte Höhlenkirche Madonna delle Virtù e San Nicola dei Greci. Einige Meter weiter verläuft am Kloster Convento Santa Lucia alla Civita und dem höher gelegenen Dom von Matera die Grenze zwischen den beiden Sassi-Vierteln.
San Pietro Caveoso
Läufst du noch etwas weiter, näherst du dich mit fantastischen Aussichten der Piazza San Pietro Caveoso mit der gleichnamigen Kirche. Wenn du beim James Bond-Film „Keine Zeit zu Sterben“ gut aufgepasst hast, kommt dir dieser Platz sehr bekannt vor. In einer spektakulären Szene jagt Bond im Aston Martin von dort quer durch die Stadt. Dass die Aufnahmen in Gravina in Puglia beginnen und in Sapri enden, ist dabei eher nebensächlich. Ohnehin war Matera immer wieder ein beliebter Drehort für große Filme. Schon Italiens Regie-Großmeister Pier Paolo Pasolini setzte die Stadt in Szene. Mel Gibson verliebte sich in die Sassi, als er dort seine „Passion Christi“ drehte. Auch für die Neuauflage von „Ben Hur“ dienten die Sassi als antike Filmkulisse.
Die Kirche San Pietro Caveoso an der Piazza stammt aus dem 13. Jahrhundert. Bis in die Gegenwart hat man sie immer wieder umgebaut. Ein bunter Mix aus architektonischen Elementen zeugt davon. Im Inneren wirkt sie relativ kahl, doch in den Seitenschiffen kannst du alte Fresken und steinerne Verzierungen bestaunen. Einen genaueren Blick solltest du auf die Holzdecke richten, die wunderschön bemalt ist.
Santa Lucia alle Malve
Von der Kirche führt der Weg durch einen Bogen weiter die Schlucht entlang. Über ihn erreichst du in wenigen Minuten die Höhlenkirche Santa Lucia alle Malve. Die Chiesa Rupestre war ursprünglich einmal eine Benediktinerabtei. Vom 9. Jahrhundert bis etwa 1283 nutzten Nonnen die Höhle vor allem als Kloster. Über die Jahrhunderte wurde die Höhlenkirche mit beeindruckenden Fresken verziert.
Die ältesten Freskenbilder reichen bis ins 11. Jahrhundert zurück. Santa Lucia alle Malve ist ein echter Ort zum Innehalten. Sobald du die Kirche betrittst, hast du das Gefühl, dass du eine Zeitreise unternimmst. Die halbverwitterten Fresken an den Höhlenwänden sorgen für eine unwirkliche Stimmung, die du am besten am frühen Morgen genießen kannst. Dann ist der Betrieb noch nicht so groß.
Santa Maria de Idris
Noch beeindruckender sind die beiden benachbarten Höhlenkirchen Santa Maria de Idris und San Giovanni in Monterrone, zu denen eine Treppe hinaufführt. Sie zählen zu den Wahrzeichen des Centro Storico und gehören zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Matera. Imposant erheben sie sich oberhalb der Piazza San Pietro Caveoso. Schon von außen ist Santa Maria de Idris spektakulär mit dem Felsen verwachsen. Innen sind die beiden in den Berg gemeißelten Kirchen ebenfalls miteinander verbunden. Die Fresken in der Kirche Santa Maria de Idris sind allerdings nicht ganz so alt und stammen überwiegend aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Tiefer in die Vergangenheit geht es in San Giovanni in Monterrone, deren Verzierungen bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen.
Von der Felsenkirche aus kannst du perfekt durch den Sasso Caveoso streifen. Vorbei an der Casa Cisterna führt ein verschlungener Treppenweg mit vielen tollen Ausblicken wieder hoch in Richtung Neustadt. Hier heißt es: treiben lassen und einfach das Centro Storico mit all seinen verschlungenen Winkeln, Treppen und verwunschenen Innenhöfen ohne Plan entdecken.
Barmeile an der Piazza del Sedile
Über den Gradoni di Municipio erreichst du die Piazza del Sedile mit der prächtigen Barockkirche San Francesco d’Assisi und dem Musikkonservatorium im Palazzo del Sedile aus dem 16. Jahrhundert. Früher war die Piazza der zentrale Marktplatz. Heute steppt dort vor allem abends der Bär. Rund um die Piazza del Sedile erstreckt sich Materas Kneipenviertel. Bis tief in die Nacht ist an der Piazza und entlang der Via delle Beccherie immer etwas los. Stehst du auf der Piazza, hast du die Qual der Wahl: besichtige ich lieber den Dom von Matera oder stürze ich mich auf die Shoppingmeile Materas?
Kulinarischer Tipp: Antica Credenza
Der perfekte Ort für eine kleine Mahlzeit am Mittag ist die Antica Credenza gegenüber der Chiesa San Francesco. Spontan einen Platz zu bekommen, ist nicht immer ganz leicht. Doch sitzt du erstmal kannst du eine köstliche Tagliere mit hervorragenden Wurst- und Käsespezialitäten und verschiedenen Bruschetta-Varianten essen, während um dich herum das Leben tobt. Das alles auch noch zu moderaten Preisen. Weine und andere Köstlichkeiten gibt es in der Enothek auch zum Mitnehmen.
L’Antica Credenza, Via San Francesco 11, Matera
Der Dom von Matera
Wir entscheiden uns zunächst für den am höchsten Punkt Materas erbauten romanischen Dom, der die Stadt in die beiden Sassi-Viertel einteilt. Die mittelalterlichen Bautrupps rückten zwischen 1230 und 1270 an, geweiht ist der Dom der Stadtheiligen Madonna della Bruna.
Vom Domplatz aus bietet sich dir ein aussichtsreiches Panorama auf die Sassi. Doch auch im Dom stockt der Atem angesichts der prachtvollen Eleganz. Der Innenraum ist in üppigstem Barock gehalten, verziert mit Unmengen an Gold. Die Decken sind ebenfalls echte Hingucker – vor allem die Bemalungen in den Seitenschiffen.
Madonna della Bruna – die Schutzheilige Materas
Seit mehr als 600 Jahren findet jedes Jahr am 2. Juli in Matera ein großes Fest zu Ehren der Schutzpatronin Madonna della Bruna statt. Drei Prozessionen ziehen im Laufe des Tages durch die Stadt. Bei der Prozession der Hirten tragen die Materani zunächst ein Gemälde der Madonna durch die Sassi und machen an jedem Platz Halt. Später ziehen die „Cavalieri“ mit der Statue der Madonna zur Kirche von Piccianello, wo man sie auf einen prunkvoll geschmückten Streitwagen aus Pappmaché setzt. Von dort kehrt sie am Abend in einer dritten Prozession wieder durch die mit bunten Lichtern geschmückte Stadt zum Dom zurück. Dort angekommen, bricht schließlich Chaos aus und der prächtige Streitwagen wird von den Materani in Stücke gerissen. Bei diesem „strazzo“ genannten Ritual geht es darum, ein möglichst gutes Andenken an die Prozession mit nach Hause zu nehmen.
Kulinarischer Tipp: Pane di Matera
Weit über die Stadtgrenze von Matera hinaus ist das berühmte Brot Pane di Matera bekannt. Das Brot ist außen sehr knusprig, innen weich und betört mit einem köstlichen Duft. Die Herstellung ist mit einem IGP-Siegel herkunftsgeschützt und das Brot wird entsprechend des traditionellen Rezepts mit Hartweizengrieß, Mutterhefe, Salz und Wasser gebacken. In seiner hochgewachsenen Form erinnert es ein wenig an einen Berg – ein Symbol für die Murgia Materana. Zudem schneidet der Bäcker dreimal das Brot ein. Angeblich aus religiösen Gründen, denn die Schnitte sollen für die Heilige Dreifaltigkeit stehen.
Sehenswürdigkeiten und Shoppen in der Neustadt von Matera
Wenn dir nach so vielen Sehenswürdigkeiten der Sinn nach Shopping steht, kannst du dich auf der Via del Corso austoben. Von der Fontana Ferdinandea an der Piazza Veneto führt sie bis zur Piazza San Francesco. Schuhe, Schmuck und Klamotten findest du dort ebenso wie kulinarische Spezialitäten. Ab der Piazza San Francesco wird die Shoppingmeile zur Restaurantparade. Einen Blick solltest du dort auf die Chiesa del Purgatorio werfen. Portal und Fassade der Kirche kreisen thematisch um Tod und Erlösung und sind mit zahlreichen Totenkopfmotiven verziert.
Am Ende der Straße erwartet dich die Piazzetta Pascoli mit dem barocken Palazzo Lanfranchi. In dem imposanten Palast ist das Museo Nazionale d’Arte Medievale e Moderna untergebracht. Beliebtester Teil der Ausstellung sind die Gemälde von Carlo Levi, der während seiner Verbannung das Leben und die Bewohner der Basilikata malte. Die Ausstellung umfasst die größte Sammlung an Gemälden Levis und ist definitiv einen Besuch wert. Direkt neben dem Palazzo findest du einen weiteren Aussichtsbalkon, der dir einen der malerischsten Blicke auf das Sasso Caveoso bietet.
Vom Palazzo Lanfranchi ist es auch nicht mehr weit zum Castello Tramontano aus dem 16. Jahrhundert. Erbaut wurde die Burg vom verschwenderischen Grafen Giancarlo Tramontano, der die Bevölkerung Materas mit hohen Steuern ausblutete, um den Bau zu finanzieren. Schließlich kam es 1514 zum Aufstand und der unbeliebte Graf wurde in der Via Riscatto nahe dem Dom ermordet. Die Burg blieb deshalb unvollendet und ist offenbar nach wie vor kein besonders beliebter Ort der Materani. Seit Jahren schon wird das Castello renoviert, ohne dass die Arbeiten merklich vorankommen.
Kulinarischer Tipp: Kaffee der Torrefazione Terranova
Wenn du Espresso-Liebhaber und auf der Suche nach einem großartigen Geschenk aus Matera bist, das mal was anderes als die üblichen Mitbringsel ist, dann solltest du unbedingt der Torrefazione Terranova einen Besuch abstatten. Die Rösterei liegt in einem Industriegebiet im Norden von Matera, das du in wenigen Minuten über die SS99 an der Ausfahrt Santeramo erreichst. Mario Terranova ist ein Kaffeeröster aus Leidenschaft, der für seine vielfältigen Kaffeesorten brennt. Seine Mischungen aus Robusta und Arabica sind bestens ausbalanciert mit einer festen, anhaltenden Crema, starkem Körper und angenehmer Säure. Ich persönlich kann die Sorten Dolce Gusto und Gran Crema, aber auch das kräftige Intenso empfehlen. Ihr Geschmack reicht von florealen Noten über Aromen von Schokolade, Keksen, getrocknete Früchte und Haselnüssen. Mario hat einen großen Wissensschatz über Kaffee und lässt dich gerne probieren, damit du die passende Kaffeemischung für deinen Geschmack findest.
Torrefazione Terranova, Contrada Serra Paducci, Matera
Raue Natur – ein Spaziergang durch die Gravina von Matera
In der Umgebung von Matera kannst du natürlich auch noch einige tolle Ausflüge unternehmen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Schlucht liegt der große Landschaftspark Murgia Materana sowie der sehenswerte Skulpturenpark La Palomba. Im karstigen Park kannst du weitere Höhlenkirchen wie die Madonna delle Tre Porte besichtigen. Viele davon sind allerdings nur im Rahmen von geführten Touren zugänglich. Nicht ohne Grund – haben sich doch in den Sechzigern ein deutscher Kunstprofessor und andere Diebe an den Fresken zu schaffen gemacht.
Den Park erreichst du entweder mit dem Auto oder aber zu Fuß über eine kleine Wanderung durch die Gravina, die am Belvedere gegenüber von Matera endet. Der Spaziergang durch die Schlucht gehört zu den absoluten Highlights eines Matera-Besuchs. Die 220 Höhenmeter, die du bewältigen musst, sind zwar nicht ohne, aber auch ungeübte Wanderer können diese kleine Tour problemlos stemmen. Festes Schuhwerk empfiehlt sich. Es sei denn, du kommst aus den USA. Wir haben auf unserer Wanderung schon amerikanische Touristen getroffen, die mit Flipflops hinab in den karstigen Canyon kraxelten.
Die zwei Kilometer Fußweg sind wir hin und zurück in rund zwei Stunden gelaufen. An der Kirche Madonna della Virtù findest du eine Treppe, an deren Ende ein Weg hinab in die Gravina führt. Am Boden der Schlucht überquerst du die Hängebrücke Ponte Tibetano. Sie ist in 9 Metern Höhe über den kleinen Fluss gespannt. In der Gravina leben auch Wildschweine, die sich aber nur selten sehen lassen und von den Touristenpfaden fernhalten. Von der anderen Seite der Brücke geht es, begleitet vom entfernten Läuten einiger Kuhglocken und dem Duft nach Thymian und Fenchel, vorbei an Moschuslaub, Wildblumen und Kapern wieder nach oben. Versteckte Höhlen und die wundervollen Ausblicke auf Matera und die wilde Landschaft laden immer wieder zum Verweilen ein.
Am Ende der Wanderung belohnt dich der Belvedere schließlich mit einer atemberaubenden Aussicht auf Matera. Denn von hier wirkt die Stadt wie ein organisch wucherndes Wesen. Wo das eine Haus anfängt und das nächste endet, lässt sich schwer ausmachen. Stadt und Schlucht bilden eine Einheit. Häuser wachsen aus den Felsen hervor, sind mit ihnen verschmolzen. Ein Anblick absoluter, archaischer Schönheit, der diese Stadt zu einem der faszinierendsten Orte der Welt macht. Matera hält jedes Versprechen. Che bella città!
Kulinarischer Tipp: Pasticceria Schiuma
Du hast einen süßen Zahn? Dann ist die Pasticceria Schiuma meine Empfehlung für dich! Die Konditorei hat alles, was das Herz der Fans von Törtchen, Desserts und Gebäck höherschlagen lässt. Du findest die Pasticceria, die die Materani seit 1946 mit Süßem versorgt, gleich mehrfach in der Neustadt. Dort kannst du dich entweder direkt vor Ort verwöhnen lassen oder dir ein Päckchen mit den in allem möglichen Varianten gefüllten Tette della monaca, einer Spezialität namens „Nonnentitten“ aus dem benachbarten Altamura, zum Mitnehmen schnüren lassen.
Pasticceria Schiuma, Via XX Settembre 10, Matera
Ist Matera für eine Reise mit kleinen Kindern geeignet?
Matera ist eine faszinierende Stadt – nicht nur für Erwachsene. Vor allem die Wanderung durch die Schlucht dürfte Kindern viel Spaß machen. Aber denke daran, an heißen Tagen ausreichend Wasser mitzunehmen. Auch die zahlreichen Höhlenwohnungen sind spannend für einen Besuch mit älteren Kindern. Für eine Sightseeing-Tour mit Kinderwagen ist die Stadt allerdings nicht unbedingt geeignet. Vor allem in den Sassi di Matera führen viele Treppen auf und ab. Sie sind für Kinderwagen ebenso schwer zu bewältigen wie für ältere Menschen mit Gehproblem.
Parken in Matera
Parken in Matera ist ein zweischneidiges Schwert. Das Centro Storico ist natürlich eine verkehrsberuhigte Zone (ZTL), in die nur Anwohner mit Sondergenehmigung fahren dürfen. Rund um die Neustadt gibt es jedoch zahlreiche Parkhäuser, in denen du dein Auto abstellen kannst. Aber sie sind nicht ganz günstig und in der Hauptsaison gut ausgelastet. Manchmal haben Hotels oder Ferienwohnungen aber Absprachen mit den Parkhäusern und bieten verbilligtes Parken an. Außerdem gibt es weitere gebührenpflichtige Parkplätze entlang der Via Lucana. Sie sind durch blaue Linien markiert.
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